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Emmy-Favoriten rücken die Berufswelt ins Rampenlicht

Heute, 08:15 · Lesedauer 4 min

Wenn Preisverleihungen ein Zeichen für den Zustand einer Gesellschaft sind, dann sehnen wir uns anscheinend alle danach, im Feierabend anderen beim Arbeiten zuzuschauen. Beim wichtigsten TV- und Streamingpreis der Welt, den Emmy Awards in den USA, sind jedenfalls die Zeiten vorbei, in denen der Crystal-Meth-Dealer Walter White aus "Breaking Bad" abgeräumt hat. Und auch Fantasy-Kracher wie "Game of Thrones" oder Historienschinken wie "Shogun" bestimmen nicht mehr die Show.

Stattdessen zählen dieses Jahr das in Echtzeit aus einer Notaufnahme erzählte Krankenhausdrama "The Pitt" und "Severance" zu den großen Favoriten auf den Hauptpreis als bestes Drama – die Büro-Dystopie kam mit 27 Nominierungen sogar auf mehr Nennungen als jede andere Serie. Wer gewinnt, entscheidet sich nach mitteleuropäischer Zeit in der Nacht auf Montag ab 2 Uhr morgens.

Auch einige Comedys spielen in Normalo-Berufen. Dort geht es unter anderem um den Alltag in Restaurants ("The Bear"), Schulen ("Abbott Elementary") und Psychiater-Praxen ("Shrinking"). Ein wenig Glamour weht dagegen durch die 23-fach nominierte Satire "The Studio" über eine Hollywood-Produktionsfirma und durch "Hacks" zum Leben einer alternden Las-Vegas-Comedian – aber auch hier sind die Lacher immer durchsetzt von Fragen zum tieferen Sinn des Lebens in solchen Glitzerwelten.

Netflix-Hit "Adolescence" könnte bei Miniserien abräumen

In den Miniserien wird es schließlich besonders düster. Das auch im deutschsprachigen Raum breit diskutierte Jugenddrama "Adolescence" erzählt von der mühsamen Ermittlungsarbeit und den beißenden Zweifeln der Eltern nach einem brutalen Schulmord. Auch Mitfavorit "The Penguin" kommt eher in dunklen Farben daher. Doch die Hintergrundgeschichte zu Batmans bekanntestem Gegenspieler liefert wenigstens ein wenig Comic-Eskapismus.

Hollywood-Stars hoffen auf Preise

Dagegen hält der Trend an, dass große Namen keine Angst mehr vor kleinen Bildschirmen haben. Längst haben die Emmys hier einen Teil der Prestigelücke zu den Oscars aufgeholt und viele Hollywood-Stars wagen sich auch an Serien heran. In den Darsteller-Kategorien tauchen deshalb viele prominente Namen auf. Kathy Bates steht für eine Neuauflage von "Matlock" als beste Hauptdarstellerin in einem Drama zur Wahl, Gary Oldman ("Slow Horses") und Pedro Pascal ("The Last of Us") könnten beste Hauptdarsteller in einer Dramaserie werden. Und Cate Blanchett ("Disclaimer") und Jake Gyllenhaal ("Aus Mangel an Beweisen") sind als beste Darsteller in Miniserien nominiert.

An der Verleihung gibt es auch Kritik

Generell aber stecken die Emmys ein wenig in der Sinnkrise. Trotz immer neuer Nischenangebote bei den Streamingdiensten konzentrieren sich die Nominierungen oft auf überraschend wenige Serien. Sie bekommen teils über Jahre viel Aufmerksamkeit, auch wenn die jüngsten Staffeln oft weniger zu sagen haben als einige neue Titel. Branchenseiten wie "Deadline.com" und "Variety" kritisieren immer wieder, dass die Juroren sich möglicherweise zu wenige Shows anschauen. Teils führt das auch zu Langeweile bei den Schauspielkategorien – allein acht Darsteller aus der Luxusurlaub-Satire "White Lotus" sind als Nebendarsteller oder Gaststars nominiert.

Für manche Zuschauer sind die Emmys ohnehin eine komplizierte Angelegenheit. Die Entscheidung, welche Serie als Drama und welche als Comedy gilt, leuchtet nicht immer ein – beispielsweise ist gerade die oft stressig-schnell gedrehte Gastro-Serie "The Bear" selten wirklich komisch. Kritik gab es auch erneut dafür, die nicht-binäre Person Bella Ramsey aus "The Last of Us" erneut der Kategorie "Beste Hauptdarstellerin in einer Dramaserie" zuzurechnen, anstatt die Geschlechterunterscheidung grundsätzlich aufzuheben.

Barack Obama bekam schon seinen dritten Emmy

Rund 70 Auszeichnungen gibt es dieses Jahr insgesamt, die allermeisten davon für die Gewerke hinter der Kamera. Etwa 50 Preise wurden bereits vergeben. Unter den Prämierten war auch der frühere US-Präsident Barack Obama, der selbst die Texte seiner Netflix-Ozean-Doku "Our Oceans" einsprach und in der Kategorie "Bester Erzähler" bereits seinen dritten Emmy gewann.

"The Studio" kommt schon jetzt auf neun Auszeichnungen, "The Penguin" hat bereits acht Goldstatuen erhalten, "Severance" steht bei sechs. Am Sonntagabend moderiert Comedian Nate Bergatze dann die Verleihung in rund zwei Dutzend Hauptkategorien.

Zusammenfassung
  • Bei den diesjährigen Emmy Awards stehen Serien über den Arbeitsalltag wie 'Severance' (27 Nominierungen) und 'The Studio' (23 Nominierungen) im Mittelpunkt.
  • Insgesamt werden rund 70 Preise vergeben, davon sind etwa 50 bereits vorab verliehen, wobei 'The Studio' neun und 'The Penguin' acht Auszeichnungen erhalten haben.
  • Barack Obama wurde für seine Netflix-Doku 'Our Oceans' bereits zum dritten Mal mit einem Emmy als bester Erzähler ausgezeichnet.