"Die Bonnards - malen und lieben": Eine Muse im Schatten
Der Film beginnt vielversprechend: In der Pariser Mansarde des Künstlers sitzt eine junge Frau, die sich kurz zuvor bereit erklärt hat, für ihn Modell zu stehen – jedoch unter falschem Namen. Marthe de Méligny nennt sie sich, um ihre bescheidene Herkunft zu verschleiern.
Was folgt, ist das Porträt einer Liebe zwischen Leidenschaft und Sex, zwischen Inspiration und Eifersucht. Marthe fühlt sich oft wie ein Anhängsel in Bonnards mondäner Pariser Gesellschaft und zieht mit ihm in ein abgelegenes Landhaus an der Seine. Dort empfangen sie nur ausgewählte Gäste – darunter Claude Monet, Édouard Vuillard und die exzentrische Pianistin Misia Sert.
Tragische Heldin
Provost stellt Marthe ins Zentrum der Geschichte. Sein Porträt zeigt eine fragile, zunehmend vereinsamte Frau – krank und auf der Suche nach Halt, gefangen zwischen Hingabe und Misstrauen. Ihre Eifersucht wächst, je stärker sich Bonnard anderen Frauen zuwendet.
Trotz aller Spannungen bleibt Marthe an Bonnards Seite – bis zu ihrem Tod. Erst drei Jahrzehnte nach ihrer ersten Begegnung heiratete er sie. In späteren Jahren beginnt sie selbst zu malen und stellt sogar aus – ein leiser Versuch, sich als Künstlerin zu behaupten. Doch im Schatten Bonnards bleibt sie eine tragische Heldin.
Die Konzentration auf das Private birgt eine Schwäche: Die Figuren bewegen sich in pittoresken Landschaften des Post-Impressionismus: Nacktbaden in der Seine, man isst im Garten, malt im Gegenlicht. Aber Bonnards Kunst wird dabei nicht tiefer beleuchtet. Sein eigenwilliger Stil – flirrendes Licht, vibrierende Farbflächen, rätselhafte Kompositionen – bleibt eher schöne Kulisse als erzählerisches Thema.
Zwischen Liebesdrama und Künstlerporträt
Die Hauptrollen sind prominent besetzt: Vincent Macaigne spielt den weltabgewandten, zerstreuten Bonnard, der stets beobachtet und malt. Cécile De France verleiht Marthe eine Mischung aus Stolz und Verletzlichkeit.
Provost, der sich schon in Séraphine (2008) und Violette (2013) den Biografien übersehener Frauen widmete, bleibt seiner Linie treu: Auch in "Die Bonnards – malen und lieben" (im Original: "Bonnard, Pierre et Marthe") erzählt er ein Leben im Schatten mit viel Empathie.
Der Film ist visuell herrlich inszeniert und gut gespielt. Doch vieles bleibt ausgespart. Wer eine tiefere Auseinandersetzung mit der Kunst und der Psychologie der Figuren sucht, bleibt damit allein.
(S E R V I C E - https://pandafilm.at/demnaechst-im-kino/#88)
Zusammenfassung
- Marthe, Muse und Ehefrau von Pierre Bonnard, wurde in rund 140 Gemälden und 700 Zeichnungen des Künstlers verewigt und steht im Mittelpunkt des neuen Films "Die Bonnards – malen und lieben" von Martin Provost.
- Die Beziehung zwischen Marthe und Bonnard war geprägt von Leidenschaft, Eifersucht und Einsamkeit; erst drei Jahrzehnte nach ihrer ersten Begegnung heirateten sie, und Marthe versuchte sich später selbst als Künstlerin.
- Der Film konzentriert sich auf das private Leben und die emotionale Dynamik des Paares, beleuchtet jedoch Bonnards künstlerische Entwicklung nur oberflächlich.