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Dank an Gott und Gattin: 13. Musiktheaterpreise vergeben

Heute, 05:05 · Lesedauer 5 min

Was für ein Zirkus! Im Zelt des Circus Roncalli versammelten sich am Mittwochabend die Stars in der Manege - zur 13. Verleihung des Österreichischen Musiktheaterpreises. In einer zweieinhalbstündigen, von Conférencier Christoph Wagner-Trenkwitz moderierten Gala wurden in 22 Kategorien die Besten der Zunft vor den Vorhang geholt. Die Wiener Staatsoper und das Musiktheater an der Wien (MaW) führten dabei mit je vier Ehrungen die Karawane an.

So konnte sich das MaW etwa in der Sparte Operette durchsetzen, die dem vor zwei Tagen verstorbenen Harald Serafin gewidmet wurde, dem im Vorjahr bei der Gala noch der Lebenswerkpreis zuerkannt worden war. Die Wiederbelebung von Leonard Bernsteins "Candide" brachte dem Haus den Sieg, was dessen Künstlerische Betriebsdirektorin Carolin Wielpütz beglückte: "Tragisch kann jeder, lustig ist die Königskategorie!"

Beglückt und bedrückt zugleich präsentierte sich indes "Candide"-Regisseurin Lydia Steier, die als Siegerin in der Regie-Sektion für ihre Leistung gewürdigt wurde, das über Jahrzehnte als schwierig verschriene Stück zur Hochform gebracht zu haben. "Das Problemkind hatte seine theatrale Form gefunden", unterstrich Steier, die sich umso fassungsloser zeigte, dass angedrohte rechtliche Schritte der Erben einen Erfolgslauf der Inszenierung auf weiteren Bühnen verhindert hätten.

Keine Holly als Molly

Bei der Staatsoper waren es hingegen eher die Kategorien für die Darstellenden, in denen man reüssieren konnte. So hätte sich etwa Holly (Flack) als Molly (Stute) in Alexander Raskatows "Animal Farm" eigentlich persönlich freuen können - hätte die Sopranistin wegen Visaproblemen nicht von Schwechat aus gleich wieder den Rückweg in die USA antreten müssen. Als Preisentgegennehmer sprang Staatsopern-Direktor Bogdan Roščić ein, der zugleich Georg Nigl bei dessen Ehrung als bester Hauptdarsteller die persönlichsten Rosen des Abends streuen konnte: "Schön, dass es Dich gibt!"

Auch für die beste Hauptdarstellerin kam ob Absenz der Chef. Dabei würdigte der Salzburger Festspiel-Intendant Markus Hinterhäuser die Gewinnerin Lisette Oropesa als eine der neuen Säulen des Festivals. Zugleich bot die Würdigung von Mieczysław Weinbergs "Der Idiot" mit dem Titel der besten Opernproduktion Hinterhäuser die Gelegenheit, auf die jüngste Ausladung der Münchner Philharmoniker und ihres jüdischen Dirigenten Lahav Shani vom Festival im belgischen Gent einzugehen: "Das muss man sich vorstellen: inmitten der sogenannten Wertegemeinschaft Europa!"

Dank an Gott und die Gattin

Nebenrollen-Gewinner Michael Laurenz, für seinen Part als David in den "Meistersingern" an der Staatsoper ausgezeichnet, bedankte sich bei seiner Frau, "die jeden Mist mitmacht", während Michael Schade als Intendant der Barocktage in Stift Melk ein noch höheres Wesen adressierte und sich für die Unterstützung "von oben" bedankte. Selbige hätte wohl auch das Orchester der Bühne Baden vonnöten, das nach den Plänen der Politik aufgelöst werden soll, was Wagner-Trenkwitz zur Bemerkung veranlasste, dass die Neue-Musik-Spezialisten des Klangforums ihre Würdigung als bestes Orchester wohl fraglos verdient hätten, "auch wenn ich im Lichte der neuesten Entwicklungen das Orchester der Bühne Baden vorgeschlagen hätte."

Morettis Tortur

"Cross Over bedeutet ja oft, dass Menschen die Grenzen ihres Talents überschreiten", moderierte Wagner-Trenkwitz den Preisträger in dieser Kategorie ein, was für Tobias Moretti aber fraglos nicht zutreffe. Strauss-Jahr-Impresario Roland Geyer würdigte den Geehrten als "Virtuose des Übergangs", der sich wiederum pragmatisch zeigte und bekannte: "Es ist eine Tortur, bei so langen Lobreden daneben zu stehen." Lebenswerkpreisträger Ferruccio Furlanetto hingegen genoss die stehenden Ovationen im Zirkusrund: "Diese Herzenswärme des Publikums hat 40 Jahre lang für mich Wien bedeutet."

"Cagliostro" als Intermezzo

Herzerwärmend handgemacht zeigte sich dabei auch die 13. Preisgala. Sängerin Eva Maria Marold kam als Laudatorin eine Kategorie zu früh aus den Kulissen, während Conférencier Wagner-Trenkwitz schon einmal in den falschen Gang abging. Und wer sich bis dato um das im Rahmen des laufenden Strauss-Jubiläumsjahrs initiierte zirzensische Highlight "Cagliostro" herumgeschummelt hatte, der bekam durch die musikalischen Intermezzi des Abends einen nicht geringen Anteil des Projekts geboten. Einzig Der Nino aus Wien und Ernst Molden brachen mit ihrer "Zirkusmusik" aus diesem Reigen aus.

Zwischen den Musikeinlagen wurden insgesamt Preise in 15 Kategorien aus dem weiten Feld Oper, Operette und Musical unter die Roncalli'schen Zirkuskuppel verkündet. Zu diesen gesellten sich sieben Sonderpreise. Die Entscheidung über die Gewinnerinnen und Gewinner traf wie stets eine Fachjury aus renommierten Musikjournalisten und -journalistinnen unter Vorsitz von Kritikerurgestein Heinz Sichrovsky und Joachim Leitner von der "Tiroler Tageszeitung".

Überblick über die Auszeichnungen

PREISE

GEWINNER

Beste weibliche Hauptrolle

Lisette Oropesa als Ophélie in "Hamlet" bei den Salzburger Festspielen

Beste männliche Hauptrolle

Georg Nigl als Nekrotzar in "Le Grand Macabre" an der Wiener Staatsoper

Bester weiblicher Nachwuchs

Jaye Simmons in diversen Rollen an der Volksoper Wien

Bester männlicher Nachwuchs

Matteo Ivan Rašić als Nemorino in "L'elisir d'amore - Der Liebestrank" an der Oper Burg Gars

Beste weibliche Nebenrolle

Holly Flack als Stute Molly in "Animal Farm" an der Wiener Staatsoper

Beste männliche Nebenrolle

Michael Laurenz als David in "Die Meistersinger von Nürnberg" an der Wiener Staatsoper

Beste Ausstattung

Paolo Fantin und Klaus Bruns für "Animal Farm" an der Wiener Staatsoper

Beste musikalische Leitung

Petr Popelka für "Schwanda, der Dudelsackpfeifer" am Theater an der Wien

Beste Gesamtproduktion Oper

"Der Idiot" bei den Salzburger Festspielen

Beste Gesamtproduktion Operette

"Candide" am Theater an der Wien

Beste Gesamtproduktion Musical

"School of Rock" am Landestheater Linz

Beste Gesamtproduktion Jugend

"Wo die wilden Kerle wohnen" am Theater an der Wien

Beste Regie

Lydia Steier für "Candide" am Theater an der Wien

Beste Ur-/Erstaufführung

"Lass uns die Welt vergessen" an der Volksoper Wien

Beste Off-Produktion

"Luziwuzi" am Rabenhof Theater

SONDERPREISE

Orchester

Klangforum Wien

Verdienste um das Musiktheater - Fotografie

Barbara Pálffy

Wiederentdeckung

"Des Simplicius Simplicissimus Jugend" am Tiroler Landestheater

Festival

Internationale Barocktage Stift Melk

Großer Preis der Jury

Cecilia Bartoli

Cross Over

Tobias Moretti

Lebenswerk

Ferruccio Furlanetto/Jaime Aragall

(S E R V I C E - www.musiktheaterpreis.at/)

Zusammenfassung
  • Bei der 13. Verleihung des Österreichischen Musiktheaterpreises wurden am Mittwochabend im Circus Roncalli insgesamt 22 Preise vergeben, darunter 15 Haupt- und 7 Sonderauszeichnungen.
  • Mit jeweils vier Ehrungen waren die Wiener Staatsoper und das Musiktheater an der Wien die erfolgreichsten Häuser des Abends.
  • Das Musiktheater an der Wien gewann unter anderem für die Operettenproduktion "Candide" sowie für die Regie von Lydia Steier, die das Stück zur Hochform brachte.
  • Lisette Oropesa und Georg Nigl wurden als beste Hauptdarstellerin bzw. bester Hauptdarsteller ausgezeichnet, konnten ihre Preise aber nicht persönlich entgegennehmen.
  • Das Klangforum Wien erhielt den Sonderpreis als bestes Orchester, während der Lebenswerkpreis an Ferruccio Furlanetto vergeben wurde.