Ausgiebiges Geburtstagskonzert zum 40er der Styriarte
Den Anfang machte Johann Sebastian Bachs Partita in d-Moll, BWV 1004 für Solo-Violine. Wie damals vor 40 Jahren vertiefte sich Zehetmair in das anspruchsvolle, in der finalen Chaconne gipfelnde Werk auf eine Weise, dass die im Programmheft abgedruckten Worte des damaligen Rezensenten der "Kleinen Zeitung" und heutigen Intendanten Mathis Huber auch diesmal den Nagel auf den Kopf trafen: "schön nicht im Sinn von makellos sauber, (...) schön im durch die bedingungslose Versenkung des Musikers ins Werk".
Danach ließ Huber die an der Kunstuniversität Graz lehrende Sprachprofessorin und Erzählerin Christiane Willms als fleischgewordene Allegorie in die Rolle des Festivals schlüpfen. Um die Frage kreisend "Kann eine Chaconne von Johann Sebastian Bach die Welt retten?", geriet das verbale Geburtstagsständchen zu einem nicht ganz schlüssigen Mix aus Hommage an Festival-Legende Nikolaus Harnoncourt und anrührender Rechtfertigung für die Existenz des Festivals.
Für diesen Beinahe-Showstopper entschädigten Zehetmaier, Co-Solistin Ruth Killius und das Festspiel-Orchester das Publikum mit einer prächtigen und in der Ausführung makellosen Aufführung von Mozarts Sinfonia Concertante in Es-Dur, KV 364. Obwohl die erste Hälfte des Abends den ausgewiesenen Zeitrahmen zu diesem Zeitpunkt bereits gesprengt hatte, ließen Zehetmair und Killius es sich nicht nehmen, als Zugabe dem Festival noch vor der Pause mit der charmanten Duo-Skizze "Danse, Danse" von Heinz Holliger auch persönlich zu gratulieren.
Uraufführung als "Friendly Alien"
Das zum diesjährigen Festivalmotto "Raum & Klang" passende Auftragswerk "Träume und Räume" der oberösterreichischen Komponistin Flora Geißelbrecht erwies sich zwischen Bach und Mozart als eine Art "Friendly Alien" im Geburtstagsprogramm. Geißelbrechts programmatische, um eine Kette von Träumen kreisende Komposition erfrischte als Uraufführung mit hypnotischen Arpeggi, trabend-polternder Rhythmik und Pizziccato-Ausschweifungen.
Vor der abschließenden "Jupitersinfonie" (Nr. 41 in C-Dur, KV 551) von Wolfgang Amadeus Mozart bat Zehetmair um eine Schweigeminute für die Opfer der Amokattacke auf eine Grazer Schule vom 10. Juni. Die Ausführung des zu Mozarts wichtigsten Kompositionen zählenden Werkes geriet den Umständen entsprechend emotional. Dass Zehetmair in dem von Mozart musikalisch bewusst überhöhten Finale auch noch der Taktstock aus der Hand flog, mag als symptomatisch gelten. Das Publikum quittierte den opulenten Auftakt des Jubiläumsfestivals mit akzentuiertem Applaus, ohne dabei allerdings aus dem Häuschen zu geraten.
(von Andreas Stangl/APA)
(S E R V I C E - Styriarte von 19.6 bis 20.7; https://styriarte.com/ )
Zusammenfassung
- Die Styriarte feierte am Freitag in der Helmut List Halle ihren 40. Geburtstag mit einem besonders langen Eröffnungskonzert, bei dem Thomas Zehetmair als Solist und Dirigent im Mittelpunkt stand.
- Auf dem Programm standen Werke wie Bachs Partita in d-Moll, Mozarts Sinfonia Concertante in Es-Dur sowie die Uraufführung von "Träume und Räume" der Komponistin Flora Geißelbrecht.
- Vor Mozarts Jupitersinfonie gedachte Zehetmair mit einer Schweigeminute den Opfern der Amokattacke vom 10. Juni, das Publikum reagierte mit anerkennendem Applaus.