Architekturbiennale sucht nach intelligenten Lösungen
"Architektur war schon immer eine Antwort auf ein feindliches Klima", so der italienische Architekt und Kurator in den Presseunterlagen. Angesichts von klimawandelbedingten Bränden, Überschwemmungen und Dürren auf der ganzen Erde sei deutlich: "Das Klima verzeiht immer weniger." Und so versammelt die Schau "Intelligens. Natural. Artificial. Collective." nicht nur architektonische Positionen, sondern auch Inputs aus Disziplinen wie der Philosophie, der Literatur, der Mathematik oder des Programmierens. "In Zeiten der Anpassung muss die Architektur generationen- und disziplinenübergreifend arbeiten", so der Kurator.
Die Ausstellung beginnt mit einer klimatischen Überforderung: Im fast gänzlich abgedunkelten ersten Raum macht die Installation "Terms and Conditions" die schädlichen Auswirkungen von Klimageräten spürbar, die warme Luft üblicherweise nach draußen blasen. Einige Dutzend dieser Maschinen haben Bilge Kobas, Daniel A. Barber, Sonia Seneviratne und die Firma Transsolar im Raum verteilt, die auf Hüfthöhe drapierten Wasserbecken schaffen nicht nur eine eindrucksvolle Spiegelung der von der Decke hängenden Geräte, sondern reichern den Raum zusätzlich mit Feuchtigkeit an. Die so geschaffene hohe Temperatur macht längeres Verweilen kaum erträglich - Botschaft angekommen.
Die Frage der urbanen Hitze zieht sich durch zahlreiche Positionen der Ausstellung, die auch einige Vorschläge zur Beschattung bereithält. So etwa "Necto": Das aus biologisch abbaubarem Material gewobene Netz von SO-IL, Mariana Popescu und TheGreenEyl lässt sich an vielen verschiedenen Orten spannen und bildet so einen flexiblen Pavillon. Auch "Elephant Chapel" von Boonserm Premthada bildet einen biologisch abbaubaren Rückzugsort: Die Struktur besteht aus gebranntem Elefantendung. "Alternative Skies" von Wesam Al Asali, Sigrid Adriaenssens, Romina Canna und Robin Oval setzt auf ästhetisch ansprechendes Alternativ-Design zu Stahlbeton und präsentiert das Potenzial von geernteten, gewachsen oder abgebauten Materialien aus traditionellen syrischen und ägyptischen Bauten.
Rechenzentrum auf dem Mond
Auch die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine findet sich in einigen Arbeiten wieder, etwa in "Ancient Future": Die Bjarke Ingels Group, Laurian Ghinitoiu und Arata Mori setzen dabei auf die Kollaboration eines Roboters und Arbeitern aus Bhutan, die gemeinsam an einem sechs Meter langen Holzbalken schnitzen. "Hier verstärken sich Tradition und Technik gegenseitig", heißt es im Begleittext. "Robotik und Präzision, die es Handwerkern ermöglicht, sich auf Kreativität zu konzentrieren." Apropos Roboter: Ein solcher soll in "Lunar Ark" von IVAAIU City auf den Mond geschickt werden. Da sich zahlreiche Rechenzentren in immer heißer werdenden Umgebungen befinden, soll hier auf dem Mond ein BackUp installiert werden. Das Mond-Zentrum wird von Robotern gebaut und gewartet, aktualisiert werden die Daten in diesem Denkmodell per Laser-Kommunikation.
Apropos in der Welt herumgeschickter Elektroschrott: Einen alternativen Ansatz zur Kreislaufwirtschaft bilden selbstorganisierte, nicht staatlich geregelte Märkte in Lagos (Nigeria), wo nicht nur Kleidung, sondern auch Elektronik aus dem globalen Norden landet. Drei parallel auf Leinwänden abgespielte Filme zeigen im Arsenale die Arbeitsprozesse in den "Abfall-Fabriken", in denen Kaputtes repariert wird und Kleidung ein Upcycle erhält, um wieder auf dem Markt zu landen.
Die Entdeckungsreise entlang der drei Achsen "natürliche Intelligenz, künstliche Intelligenz und kollektive Intelligenz" ist nicht zuletzt angesichts der Dichte an präsentierten Projekten, Installationen und Filmen heuer besonders fordernd, aber lohnend. Die Co-Existenz von Behausungen aus Elefantendung und Mondrobotern könnte den Bogen der Möglichkeiten nicht weiter spannen.
(S E R V I C E - 19. Architekturbiennale von Venedig: "Intelligens. Natural. Artificial. Collective.", 10. Mai bis 23. November. www.labiennale.org/en/architecture/2025)
Zusammenfassung
- Die 19. Architekturbiennale in Venedig, die vom 10. Mai bis 23. November stattfindet, steht unter dem Motto 'Intelligent. Natürlich. Künstlich. Gemeinsam' und präsentiert innovative Bauansätze in Zeiten des Klimawandels.
- Mit über 750 Teilnehmern wird die von Carlo Ratti kuratierte Ausstellung im Arsenale als dynamisches Labor inszeniert, das architektonische und interdisziplinäre Ansätze vereint und Lösungen für klimatische Herausforderungen bietet.
- Zu den Highlights gehören Projekte wie 'Necto' und 'Elephant Chapel', die biologisch abbaubare Materialien verwenden, sowie 'Lunar Ark', das ein Rechenzentrum auf dem Mond vorsieht.