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Anna Marboe bringt Anna Mabo im Rabenhof auf die Bühne

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Kürzlich hat Anna Marboe den Nestroy-Preis entgegen genommen. Allerdings nicht für ihre Inszenierung von "Liebe/Eine argumentative Übung" im Kosmos Theater, die für den Off-Preis nominiert war, sondern für ihren verhinderten Kollegen Felix Kammerer. Enttäuschend? Ganz und gar nicht! "Ich wollte schon immer einen Preis als bester männlicher Nachwuchs gewinnen", lacht sie. Eine typische Antwort, für die 26-jährige Wienerin, die Konzert- und Theaterbühnen gleichermaßen erobert.

Musik und Theater - das ist wie Völkerball und Basketball, findet sie. Hat viel miteinander zu tun und ist doch ganz anders. Den kleinen Unterschied machen zwei Buchstaben aus: Als Liedermacherin lässt die Theatermacherin das r und das e weg: Anna Mabo. Eine fröhlich-anarchische Doppelexistenz, die nur dann schizophren zu werden droht, wenn sie beides in einem Projekt vereint. Wie genau jetzt. Im Rabenhof inszeniert sie als Anna Marboe einen Abend, für den sie Text und Musik selbst geschrieben hat und auch selbst als Musikerin auf der Bühne steht. Ab Dienstag (29. November) ist sie dort "Am Sand". Auch das kann man doppeldeutig lesen: negativ, nämlich am Ende, oder positiv, nämlich am Strand. "Ganz genau", strahlt sie. "Das Leben ist voller Ambivalenzen. Insofern ist der Titel weise gewählt."

Drei Schauspielerinnen und Schauspieler (nämlich Hanna Binder, Thomas Frank und Luigi Bisogno) und drei Musikerinnen und Musiker (Anna Mabo, Clemens Sainitzer und Alexander Yannilos) werden auf der Bühne sein. In der Ankündigung heißt es: "Sie erzählt von Ängsten und Sehnsüchten, von langweiligen Insta-Storys und PC-Psychotherapeut:innen, sinniert über Zukunftspessimismus und Wohlstandsverwahrlosung und besingt Matrosen, Cowboys sowie einen Boxer, der lieber Opernsänger wäre." Hm. Gibt's dabei, abgesehen von ihren Liedern, einen Roten Faden? "In den Gesprächen über das, was wir machen wollen, ging es schnell und viel um Zweifel - und um den Mut, Zweifel zu haben."

Zu hören wird auch ihr Lied "Bin am Werden" aus ihrem 2021 erschienenen zweiten Album "Notre Dame" sein. In dem Refrain "Ich bin jetzt schon eine Zeit auf dieser Erd'n / und ich bin noch nicht was ich bin / aber ich glaub ich bin am Werden" liegt viel von dem, was beide, Mabo und Marboe, verströmen: Neugier, Widerspruchsgeist, Unangepasstheit, Energie, Wachheit... Das gelte für sie als Künstlerin ebenso wie als Bürgerin, sagt sie. Als Teil einer Protestbewegung der jungen Generation sieht sie sich jedoch nicht. "Für mich steht eher Mut als Wut. Ich finde es total wichtig, wachsam zu sein und Dinge aufzuzeigen. Die Frage ist aber, wie viel davon in meiner Kunst enthalten sein muss. Ich spiele Akustikgitarre und nicht Schlagzeug. Mein Ausdrucksmittel ist die Sprache. Meine Texte sind politisch, taugen aber nicht als T-Shirt-Sprüche. Das anarchische Element in meiner Musik sieht eher so aus, dass meine Lieder auch mal neun Minuten dauern, wenn ich glaube, dass ich diese Zeit brauche."

Kürzlich wurde bekannt, dass Anna Mabo gemeinsam mit dem Elektronik-Musiker Dorian Concept das 14. Popfest Wien, das von 27. bis 30. Juli 2023 am und rund um den Karlsplatz über die Bühne gehen wird, kuratiert. Das werde nicht einfach eine Versammlung ihrer Lieblingsbands sein, versichert sie im Gespräch mit der APA: "Ich interessiere mich für viele Arten von Musik. Die Blase, in der sich jeder so bewegt, möchte ich bewusst platzen lassen und Akzente setzen. Ich will im Programm Kontexte schaffen, Geschichten erzählen und eine Dramaturgie reinbringen." Und schon sind wir wieder beim Theater.

Während bei der Musik, in die Mabo autodidaktisch und mit kollegialer Förderung von Ernst Molden hineingewachsen ist, für sie immer ein Hauch Hochstapelei dabei ist, hat sie das Regieführen von der berühmten Pike an gelernt. In der Theatergruppe im Schottengymnasium ("Wir waren ein anarchisches Grüppchen.") fing sie Feuer, das sie später am Max Reinhardt Seminar professionell zu schüren gelernt hat. Ihren Inszenierungen sind überraschend, probieren aus, was geht, sprengen den Rahmen der Konventionen. Doch die Tochter des ÖVP-Politikers Peter Marboe, ehemals Leiter des Österreichischen Kulturforums in New York und später Kulturstadtrat in Wien, sieht das nicht als Rebellion gegen ihre Herkunft, sondern mehr als Weiterführung von inspirierenden Dingen, mit denen sie bereits früh in Berührung kam: "Ich hab das Glück, dass mein Vater ein cooler Typ ist."

"Am Sand" wird Anna Marboe nicht bleiben. Es geht weiter. Wohin sie das führt, darauf ist sie selbst neugierig. Das Volkstheater München ist eine der nächsten fixierten Etappen. Im Mai 2023 bringt sie dort Miroslava Svolikovas dramatisches Gedicht "europa flieht nach europa" heraus. Und wie sich der Nestroy-Preis anfühlt, weiß sie jedenfalls schon mal.

(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - "Am Sand" von Anna Mabo, Regie: Anna Marboe, Mit: Hanna Binder, Thomas Frank, Luigi Bisogno, Musik: Anna Mabo, Clemens Sainitzer, Alexander Yannilos, Bühne: Thomas Schrenk. Rabenhof Theater, Wien 3, Rabengasse 3, Premiere: 29. November, 20 Uhr, Weitere Termine: 7. Dezember 2022, 21. Jänner 2023. www.rabenhof.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Allerdings nicht für ihre Inszenierung von "Liebe/Eine argumentative Übung" im Kosmos Theater, die für den Off-Preis nominiert war, sondern für ihren verhinderten Kollegen Felix Kammerer.
  • Musik und Theater - das ist wie Völkerball und Basketball, findet sie.
  • (S E R V I C E - "Am Sand" von Anna Mabo, Regie: Anna Marboe, Mit: Hanna Binder, Thomas Frank, Luigi Bisogno, Musik: Anna Mabo, Clemens Sainitzer, Alexander Yannilos, Bühne: Thomas Schrenk.

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