Josef VotziJosef Votzi/PULS 24

Am Puls der Politik: Eine Verliererin, zwei Gewinner

0

Die größte rote Hürde hat Hans Peter Doskozil noch vor sich: Wie wird er vom knappen Sieger des Mitglieder-Votums zur unumstrittenen Nummer 1 einer in drei Lager zerfallenen Partei?

Wenn es nach einem mächtigen Bezirkschef in der Wiener SPÖ geht, dann ist nach der Mitglieder-Befragung vor der endgültigen SPÖ-Chefsuche. "Nach den vergangenen Wochen sind alle drei beschädigt, es bräuchte eigentlich einen Vierten", proklamierte er noch vergangenes Wochenende im kleinen Kreis. Das klingt nach Vorliegen des Votums der Mitglieder fast prophetisch. Denn die SPÖ präsentiert sich seit Montag Abend nicht gespalten, sondern gedrittelt. Es gibt nur eine klare Verliererin, aber keinen unumstrittenen Gewinner.

Niederlage der SPÖ-Granden

Pamela Rendi-Wagner hatte die Unterstützung der Granden der Partei: Mit dem Wiener Bürgermeister und den Spitzen der Gewerkschaft legten sich die bislang mächtigsten Säulen der SPÖ für sie ins Zeug. Bis auf Christian Kern warben alle roten Ex-Kanzler für sie. Bei den Mitgliedern reichte es nur für den dritten Platz. Aus den ersten Blick ist Hans Peter Doskozil genau das gelungen, was er wollte. Der Burgenländer wollte mit der Forderung nach einer Mitglieder-Abstimmung eine Entscheidung in seinem Dauerkonflikt mit der Wiener Parteispitze erzwingen.

Pam geht, Frontstellung bleibt

Pam geht, die Frontstellung in der Partei zwischen zwei feindlichen Lagern aber bleibt.

Hier Hans Peter Doskozil und seine Anhänger: Sie sehen das Votum als Auftrag ihren Führungsanspruch nun am Parteitag in zwei Wochen ohne Wenn und Aber zu zementieren.

Dort Andreas Babler und seine Anhänger: Sie sehen das Votum als Ansporn, Doskozil mithilfe des Verlierer-Lagers rund um Rendi-Wagner in einer finalen Kampfabstimmung herauszufordern.

Ruf nach "Deus ex machina" kommt zu spät

In der SPÖ rauchen seit Montag Nacht die Köpfe und laufen die Telefone heiß: Wie kann es gelingen, eine drohende offene Parteispaltung zu verhindern. Denn eines ist klar: Auch wenn sich gerade jetzt das Verlangen nach einem für alle Gruppen verträglichen, aber unbeschädigten Kandidaten für den Parteitag angesichts der fatalen Lage aufdrängen würde. Der Ruf nach einem roten Deus-ex-machina bleibt mehr denn je eine rote Träumerei. Nach dem monatenlangen Krampf um die Befragung der Mitglieder das Votum zu ignorieren, würde die SPÖ endgültig zu einem Trümmerhaufen machen.

Historisch einmaliges rotes Dilemma

Die SPÖ steckt in einem historischen Dilemma für das in Wahrheit keine Parallelen gibt. Dagegen nimmt sich selbst die massive Lagerbildung, von der die Wiener SPÖ vor fünf Jahren monatelang durchgebeutelt wurde, vergleichsweise harmlos aus. Als es im Jänner 2018 um die Nachfolge von Michael Häupl ging, gab es - ähnlich wie jetzt - einen Favoriten des Partei-Establishments.

Das Lager, das Andreas Schieder favorisierte, wurde vom Langzeitchef in Partei und Rathaus Michael Häupl und vielen anderen prominenten Wiener Parteigranden angeführt. Michael Ludwig machte das Rennen mit einer hinter den Kulissen orchestrierten Kampagne, getragen von Funktionären der Wiener Flächenbezirke.

Die Fanclubs von Schieder und Ludwig lieferten sich vor allem hinter Kulissen einen unerbittlichen Wahlkampf. Der dauerhafte Zerfall in zwei feindliche Lager drohte. Michael Ludwig gelang damals zur Überraschung vieler noch das Kunststück, das zu verhindern. Er tauschte die Stadtregierung zwar weitgehend aus, besetzte sie aber mit Exponenten beider Flügel nach.

Ab sofort liegt es an Hans Peter Doskozil zu zeigen, ob und wie er die noch größere Herausforderung stemmen will: Gelingt es ihm Andreas Babler und seine Anhänger erfolgreich zu umwerben und zu integrieren. Oder riskiert er sehenden Auges eine endgültige Spaltung des roten Lagers spätestens bei der kommenden Nationalratswahl.

Josef Votzi ist Kolumnist des Magazin "Trend" und Kommunikationsberater (www.linkedin.com/in/josef-votzi)

Seine wöchentliche Kolumne "Politik Backstage"  jeden Freitag neu auf trend.at

ribbon Zusammenfassung
  • Die größte rote Hürde hat Hans Peter Doskozil noch vor sich:
  • Wie wird er vom knappen Sieger des Mitglieder-Votums zur unumstrittenen Nummer 1 einer in drei Lager zerfallenen Partei?