Josef VotziJosef Votzi/PULS 24

Der wahre rote Totengräber

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Für sein fatales Miss-Management wäre Christian Deutsch in jedem Unternehmen längst gefeuert worden. Im Hause Rendi-Wagner wird er mehr denn je gefeiert: Als Held der Abwehrschlacht gegen Doskozil und neuerdings auch gegen Babler.

Christian Deutsch verfolgte das  Geschehen mit blankem Entsetzen im Gesicht. "Da wurde ein historisch erkämpfter Feiertag missbraucht", ließ er danach empört wissen. 

Es war der 1. Mai vor nunmehr sieben Jahren als Werner Faymann am 1. Mai auf offener Bühne am Wiener Rathausplatz ausgepfiffen wurde. Seine Rede ging im Tumult unter, die TV-Bilder des Tages dominierten rote Demo-Schilder mit "Werner, Rücktritt!"

Einen peinlichen Zwischenfall hatten die Organisatoren im Vorfeld noch verhindert: Im Gebüsch des Rathausplatzes versteckte Stacheldraht-Rollen wurden rechtzeitig entdeckt und entsorgt. Faymann hätte damit vor Betreten der Rathaustribüne von Parteigegnern eingekreist und gehindert werden sollen, das Rednerpult überhaupt zu erklimmen.

Acht Tage nach dem Pfeifkonzert war Werner Faymann als Kanzler und Parteichef Geschichte.

Deutsch’ Trauma Pfeifkonzert am 1. Mai

In gut vier Wochen wird Christian Deutsch wieder auf der 1. Mai-Tribüne stehen. 

Diesmal glaubt er nachhaltig dafür gesorgt zu haben, dass dort diesmal Pfiffe nicht der Parteispitze gelten. Denn in den Tagen davor und danach wird das politische Schicksal von Faymanns Nach-Nachfolgerin Pamela Rendi-Wagner entschieden. Zwischen 24. April und 10.Mai geht das Votum über die Parteiführung über die Bühne.

Das dieser Tage auf offener Bühne gebotene Miss-Management dieser Abstimmung wäre in jedem anderen Unternehmen ein sofortiger Entlassungsgrund.

Im Rendi-Lager gab es für Deutsch dafür allerdings reichhaltiges Schulterklopfen.

Alles was Doskozil & Babler schadet, ist gut

Mit einem derartigem Dauer-Tunnelblick können nur lebenslange Parteifunktionäre leben, deren Wohl und Wehe allein von Ihresgleichen abhängt. Da mögen sich Medien und Politik-Analysten in kritischen Superlativen ergehen. Da mögen die letzten zusehwilligen Staatsbürger nur noch mit Abscheu den Kopf schütteln. 

Für die Christian Deutschs dieser Funktionärswelt gilt: Alles was meinem innerparteilichen Gegner schadet, ist gut. 

Christian Deutsch ist die Schlüsselfigur in dieser billigen Soap-Opera "Pam, wer sonst?" Das politische Kalkül des roten Apparatschiks ist schlicht, wird aber mit eiserner Konsequenz durchgezogen.

Rendis Flucht nach vorne in die Sackgasse

Pamela Rendi-Wagner ist seit mehr als vier Jahren Parteivorsitzende, wird aber bis heute eine Frage nicht los: Wie lange noch?

Zunehmend in die Enge getrieben, trat sie jüngst die Flucht nach vorne an. Bei einem außerordentlichen Parteitag wollte sie sich vorzeitig der Wiederwahl stellen - und damit den ewigen Widersacher aus der Deckung zwingen. Das alles in der vermeintlichen Gewissheit: Doskozil werde eine Gegenkandidatur nicht riskieren, weil er spielentscheidende Machtblöcke wie Gewerkschaften und Wiener SPÖ nachhaltig gegen sich aufgebracht habe. 

Mit dem Vokabel "Heckenschützen-Mentalität" suchte Rendi bei der Parteitags-Offensive Doskozil so auch noch einmal zielgruppengerecht zu adressieren.

Mit diesem umgehenden Konter Doskozils hatte die SPÖ-Chefin nicht gerechnet: Er stelle sich in Sachen Parteivorsitz gerne einem Votum, aber allein dem der SPÖ-Mitglieder.

Das Rendi-Lager konnte da nicht Nein sagen. Die glücklose Parteichefin hatte selber vor drei Jahren zu diesem Instrument gegriffen, um den Dauerkritiker auszubremsen. Pamela Rendi-Wagner machte so öffentlich  gute Miene zum unsicheren Spiel.

Ihr Macht-Apparatschik Christian Deutsch zog in der SPÖ-Zentrale aber alle Register, um keine High-Noon-Stimmung Doskozil gegen Rendi-Wagner aufkommen zu lassen.

Vom "Duell" zum "Chaos" uminszeniert

Christian Deutsch’s Jobs wäre es an sich gewesen, einen reibungslosen Ablauf der Mitgliederbefragung zu organisieren. Das Ergebnis spricht Bände: Die seit Jahren ausstehende Entscheidung im politischen Duell wurde zum offenen Parteivolks-Lauf verwässert. Doskozils Trumpfkarte wird nur noch unter "Chaos" und "Kasperltheater" gehandelt. 

Seit klar ist, dass mit Andreas Babler zuvorderst Rendi-Wagner ein weiterer ernsthafter Konkurrenten ins Haus steht, nahmen die Chaos-Tage in der SPÖ noch mehr an Fahrt auf.

Votum über undurchsichtige Apparatschiks 

Die anfangs von allen Beteiligten zum verbindlichen Votum erklärte Befragung wurde von Deutsch zuletzt hartnäckig zum "Meinungsbild" degradiert. Öffentlich werden von Rendi-Wagners Leibgardisten Christian Deutsch treuherzig die SPÖ-Statuten beschworen.

Politisch ist längst sonnenklar: Christian Deutsch pfeift auf rote Grundsätze, damit Rendi-Wagner und er vom Parteivolk nicht wie einst Werner Faymann für immer ausgepfiffen werden.

Die SPÖ wird nun nicht nur die Frage klären müssen, wer sie in bessere Zeiten führen könnte. In der Kanzlerpartei a.D. steht eine weitere weitreichende Entscheidung an: 

Wie lange kann und will sie es noch leisten, von undurchsichtigen Apparatschiks aus dem Nachkriegs-Museum a la Christian Deutsch weiter Richtung Abgrund dirigiert zu werden?

ribbon Zusammenfassung
  • Für sein fatales Miss-Management wäre Christian Deutsch in jedem Unternehmen längst gefeuert worden.
  • Im Hause Rendi-Wagner wird er mehr denn je gefeiert: Als Held der Abwehrschlacht gegen Doskozil und neuerdings auch gegen Babler.

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