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Am Puls der Politik: Der rote Trümmermann

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Erst die wochenlangen Grabenkämpfe und schweren Verwundungen. Jetzt der Supergau am Parteitag. Vom märchenhaften Aufstieg des Außenseiters zum Fluch des nachträglichen Sieges: Andreas Babler steht vor einem historisch einmaligen Trümmerhaufen.

In den drei Wochen, in denen die Partei-Mitglieder Mitte Mai aufgerufen waren, zwischen drei Kandidaten für die Parteispitze zu wählen, gab es SPÖ-intern nur ein Thema: Mit welchen Untergriffen und fragwürdigen Methoden sucht wer seinen Kandidaten durchs Ziel zu bringen. Über das Doskozil-Lager wurde verbreitet, dass alle burgenländischen SPÖ-Mitglieder angehalten würden, ihre Stimme nicht in der feindlichen Wiener Löwelstraße, sondern in Eisenstadt abzugeben. Offiziell bestätigt wurde nur, dass die Landespartei immobilen Parteimitglieder anbot, die Stimmkuverts zu Hause abzuholen – "ähnlich den fliegenden Wahlkommissionen bei allgemeinen Wahlen". Aus dem Burgenland wiederum wurde verbreitet: Der langjährige Wiener Landesparteisekretär Harry Kopietz habe höchstpersönlich eine Telefon-Kampagne für Pamela Rendi-Wagner in die Hand genommen. Das sei mit seiner Rolle als Leiter der SPÖ-Wahlkommission, die für eine saubere und statutengerechte Mitgliederbefragung zu sorgen habe, nicht vereinbar.

Grabenkrieg und Parteispaltungs-Drohung

Die gegenseitigen Schuldzuweisungen kamen vornehmlich aus dem Lager von Hans Peter Doskozil im Burgenland und dem von Pamela Rendi-Wagner rund um die SPÖ-Wien. Sie vergifteten das Klima in der SPÖ nachhaltig und zeitigten auch Opfer. Der Wiener Ex-Spitzenfunktionär Harry Kopietz legt kurz vor Start der Auszählung seine Funktion als Wahlkommissions-Leiter aus gesundheitlichen Gründen zurück. Im Doskozil-Lager wird im Befragungs-Finale die Parole ausgegeben: Wenn der burgenländische Landeshauptmann die Befragung gewinnt und Andreas Babler gegen diesen dennoch am Parteitag antritt, "dann droht die Parteispaltung" – so ein prominenter Doskozil-Anhänger.

Plötzlich Umarmung statt Untergriff

Als Babler als überraschend als Nummer 2 aus der Mitglieder-Befragung hervorgeht und zur Kampfabstimmung am Parteitag antritt, wird im Burgenland die Panik-Parole einer Parteispaltung wieder eingepackt. Kaum war das Ergebnis verkündet, werden im Lager von Doskozil gar wie von Zauberhand die Schalter von Untergriff auf Umarmung umgelegt. Andreas Babler war noch dabei auszuloten, wie er mit den plötzlichen Umarmungs-Versuchen umgehen soll, ohne an seiner Rolle als der wahre rote Messias Schaden zu nehmen, als er nun doch zum Sieger ausgerufen wird.

Der Fluch des nachträglichen Sieges

48 Stunden nach dem Parteitag werden die Machtverhältnisse in der SPÖ neuerlich auf den Kopf gestellt.

Die Sieger von gestern sind die Verlierer von heute. Der Außenseiter von unten ist endgültig oben angelangt.

Nach dem Super-Gau bei der Stimmenauszählung muss Andreas Babler eine Partei, übernehmen, in der sich eine Fraktion um den bereits gefeierten Sieg und die andere Fraktion aber um den Wahltriumph am Parteitag betrogen fühlt.

Eine Partei, in der just die besonders machtbewusste Wiener Landesgruppe unter Verdacht steht, ihre Liebe zur Basisdemokratie und zum linken Populisten Babler nur entdeckt zu haben, um Doskozil zu verhindern.

Eine Partei, in der auch deswegen fast alle anderen Landesparteien mit allen Mitteln bis zuletzt auf den SPÖ-Realo Hans Peter Doskozil setzten. Dieser hat sich jetzt mit einem allseits respektierten Auftritt hochoffiziell aus der Bundespolitik wieder ins Burgenland zurückgezogen.

Viele SPÖ-Kenner sagen aber: Der monatelange Grabenkrieg zwischen Wien und den roten Bundesländern hat nicht nur politische, sondern schwere persönliche Verletzungen hinterlassen. Nicht nur das Doskozil-Lager im Burgenland werde sich ab sofort erste Reihe fußfrei ansehen, wie Andreas Babler jetzt mit dem roten Fiasko zurechtkommen wolle.

Pamela Rendi-Wagner wurde als Trümmerfrau beschrieben als sie vor vier Jahren nach der desaströsen Niederlage von Christian Kern gegen Sebastian Kurz die am Boden liegende SPÖ übernahm. Der Scherbenhaufen, den sie hinterließ, ist vergleichsweise überschaubar gegenüber dem, der in letzten Wochen und Tagen neu aufgetürmt wurde.

Andreas Babler übernimmt die SPÖ als historisch einmaligen Trümmerhaufen.

Josef Votzi ist Kolumnist des Magazin "Trend" und Kommunikationsberater (www.linkedin.com/in/josef-votzi)

Seine wöchentliche Kolumne "Politik Backstage"  jeden Freitag neu auf trend.at

ribbon Zusammenfassung
  • Erst die wochenlangen Grabenkämpfe und schweren Verwundungen.
  • Jetzt der Supergau am Parteitag.
  • Vom märchenhaften Aufstieg des Außenseiters zum Fluch des nachträglichen Sieges:
  • Andreas Babler steht vor einem historisch einmaligen Trümmerhaufen.

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