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E-Auto öffentlich laden: Wichtige Fragen und Antworten

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Immer mehr Menschen lassen die Zapfsäule hinter sich und steigen auf die Steckdose um. Doch ganz so einfach wie an der Tankstelle ist es mit dem E-Auto nicht. Ein Experte bringt Licht in das Chaos aus Ladekarten und Abos.

Tanken, zahlen, weiterfahren. Was Autofahrer:innen über Jahrzehnte verinnerlicht haben, geht bei Elektroautos derzeit nicht so einfach. Nicht nur beim Laden muss man sich umstellen: Auch beim Bezahlen muss man mehr beachten. Denn nur bei wenigen Ladesäulen kann man einfach mit Bankomat- oder Kreditkarte zahlen. Also muss eine Ladekarte her und da wird es schnell kompliziert. 

Viele "hoffnungslos überfordert"

Einfach eine x-beliebige Ladekarte bestellen und los geht's? Fehlanzeige. Bei der Vielzahl an Anbietern von E-Auto-Ladekarten hat sich in Österreich, aber auch in anderen Ländern ein wahrer "Dschungel" etabliert, sagte Stefan Schmudermaier, E-Mobilitätsexperte und Verlagsleiter beim A&W Verlag im Gespräch mit PULS 24. 

Doch bevor schon jetzt die ersten Leser:innen frustriert zurückbleiben, auch die Entwarnung vorneweg: "Es ist kein Hexenwerk und für jedermann machbar", so Schmudermaier: "Man muss die Karten und Tarife einfach vergleichen". Wie man das am besten macht und welche Fragen es zu klären gibt: 

Wie finde ich die geeignete Ladekarte?

Anbieter für E-Auto-Ladenkarten gibt es zuhauf. Viele Autobauer bieten gleich eine Ladekarte mit an - oft mit vergünstigten Konditionen im ersten Jahr. Ansonsten gibt es Ladekarten von Energieversorgern aus dem In- und Ausland, von Tankstellen-Ketten oder sogar von Supermärkten. 

"Man kann derzeit nicht sagen: Die eine Karte, die ist es", meinte der Autojournalist. Bei der Suche nach der richtigen Karte empfiehlt er deshalb, sich einige Fragen zum eigenen Ladeverhalten zu stellen:

  • Wie viel Kilometer lege ich zurück - also wie oft muss ich laden? 
  • Wie oft muss ich öffentlich laden? 
  • Wo bin ich unterwegs?

Vor allem die Frage, wo man meistens unterwegs ist, kann bei der Wahl der Ladekarte besonders wichtig sein. Wer große Teile seiner Fahrten in derselben Region hinter sich bringt, kann sich beispielsweise die Ladekarten der regionalen Stromversorger anschauen. "Das heißt aber auch nicht sofort, dass die immer die günstigste ist", gibt Schmudermaier, Chefredakteur des Fachmagazins FLOTTE, zu bedenken.

Video: Kein Durchbruch in Europa - Zweifel an E-Autos

Wer hingegen auch viel auf der Autobahn oder in vielen verschiedenen Städten unterwegs ist, sollte sich eine Ladekarte mit möglichst vielen Ladesäulen im Angebot anschauen. "Grundsätzlich ist es als 'Versicherung' gescheit, eine weitere Ladekarte eines großen Betreibers ohne Grundgebühr dabei zu haben, dann hat man zumindest einen Plan B", meinte er. Beispiele dafür wären etwa Smatrics, Ionity oder EnBW. 

Ladekarten-Abos: Rentiert sich das?

Viele Ladekarten-Anbieter bieten auch unterschiedliche Tarife und Preismodelle an. So gibt es häufig ein Abo ohne Grundgebühr. Im Gegenzug ist dafür der Strom teurer. Dann gibt es Abos, mit denen das Laden günstiger wird, man dafür aber einen monatlichen Betrag zahlen muss. 

Das sei schon "ein Punkt, warum die E-Mobilität öfter kritisiert wird", so Schmudermaier: "Unter'm Strich ist das ein richtiger Dschungel". Einen Überblick bietet hier jedoch eine Initiative des Verkehrsministeriums und der E-Control. Auf der Webseite "ladetarif.at" kann man eingeben, welches Auto man fährt, wie viele Kilometer man zurücklegt und wie oft daheim geladen wird. Danach werden einem die günstigsten Tarife und Ladekarten ausgespuckt. 

Was die Vergleichsplattform bisher nicht berücksichtigt: wo man unterwegs ist. Bietet sich etwa ein Tarif der EVN besonders an, heißt das nicht, dass jemand in Tirol mit dieser Ladekarte auch am besten aussteigt. 

Wie kann ich Ladesäulen vergleichen?

Und wenn ich jetzt schauen will, wo was wie viel kostet? Eine klare Empfehlung des E-Mobilitätsexperten ist die App "Chargeprice" (iOS, Android und Web). Hier kann man Ladesäulen finden und sieht, mit welcher Ladekarte und welchem Tarif man am günstigsten lädt. Chargeprice gibt an, über 300.000 Ladestationen und über 400 Ladetarife in Europa vergleichen zu können. 

Auch weitere Filter ermöglichen, die Ladesäulen nach den eigenen Interessen zu vergleichen. Wer zum Beispiel mehrere Ladekarten hat, kann sich nur die Preise für die Tarife anzeigen lassen, die man auch selber hat. 

Selbe Ladesäule, unterschiedliche Preise: Wie kann das sein?

Wenn man die Preise vergleicht, kommen teilweise absurd anmutende Preisunterschiede ans Licht. Das doppelte oder dreifache für die gleiche Ladung an derselben Ladesäule? Das ist möglich, wenn man die falsche Ladekarte dabeihat. "Unsere Testautos sind oft mit zwei bis drei Ladekarten ausgestattet", berichtet Schmudermaier aus dem Arbeitsalltag in der Redaktion. 

Nur weil die Ladesäule und die Ladekarte vom gleichen Anbieter kommen, heißt das auch noch nicht, dass man dann am günstigsten tankt. Wer an der "Shell Recharge"-Ladesäule an der Autobahnraststätte Walserberg in Salzburg aufladen will, zahlt mit einer Ladekarte der Salzburg AG nur etwas mehr als halb so viel wie mit einer Shell Ladekarte, wie ein Vergleich bei "Chargeprice" zeigte. An einer Ladesäule in Vorarlberg, die von den Illwerken vkw betrieben werden, ladet man mit einer Wien-Energie-Karte billiger als mit einer Karte der Illwerke.

Grund dafür sind sogenannte Roaming-Gebühren. Ähnlich wie man es vom Handynetz im Urlaub kennt, kann man bei manchen Anbietern dann zwar bei "fremden" Ladestationen aufladen, was man dann zahlt, hängt aber ganz von den Verträgen der Anbieter ab. Während die EU beim Handy-Roaming mittlerweile sehr nutzerfreundliche Bedingungen geschaffen hat, gleicht die Situation an der Ladesäule noch eher dem Wilden Westen. 

Video: Vom Verbrenner zum E-Auto - wie schwer ist der Umstieg?

"Es funktioniert gut"

Viele der genannten Punkte klingen zunächst sehr abschreckend. Aber: "Ich fahre jetzt seit über zwölf Jahren mit E-Autos - es funktioniert gut. Ja, es ist eine Umstellung und auch mit der ein oder anderen Abkehr von Gewohnheiten verbunden", sagte Schmudermaier.

Die große Angst, mit leerem Akku irgendwo liegenzubleiben, müsse man aber trotz Karten-Chaos nicht haben. "Für einen Privaten ist das kein Thema. Bei einer Reichweite von 300 Kilometern werden die meisten an 340 Tagen locker durchkommen, ohne über das Aufladen groß nachzudenken".

Und nur öffentlich Laden, geht das?

Wie sieht das aus, wenn man nur öffentlich laden kann? Dann sieht seine Einschätzung schon anders aus. "Um ein Elektroauto sinnvoll betreiben zu können, ist eine Lademöglichkeit zu Hause und/oder in der Firma notwendig. Wer nur öffentlich laden kann, wird vermutlich nicht glücklich werden", gibt Schmudermaier zu bedenken. 

Ein entscheidender Punkt dabei sind vor allem die Stromkosten. Je nach Tarif ist der Strom aus der eigenen Steckdose deutlich günstiger als an der öffentlichen Ladesäule. Vor allem dadurch kommt einer der größten Vorteile von E-Autos zum Tragen: Sie sind im Betrieb günstiger als ihre Verbrenner-Kollegen. 

ribbon Zusammenfassung
  • Immer mehr Menschen lassen die Zapfsäule hinter sich und steigen auf die Steckdose um.
  • Doch ganz so einfach wie an der Tankstelle ist es mit dem E-Auto nicht.
  • An öffentlichen Ladesäulen können sich die Preise drastisch unterscheiden, wenn man mit unterschiedlichen Ladekarten bezahlt.
  • Ein Experte bringt Licht in das Chaos aus Ladekarten und Abos.