Nach tödlichen Schüssen: Motiv des steirischen Polizisten klarer

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Der 46-jährige steirische Polizist, der am Montag auf seinem Posten seinen Chef mutmaßlich mit drei Schüssen getötet hat, dürfte wohl noch am Mittwoch in Untersuchungshaft kommen.

Er war Dienstagabend ins Justizzentrum Leoben überstellt worden. Bei den Befragungen lichtete sich das mögliche Motiv: Der Kommandant hatte ihn wegen einer angeblichen Dienstpflichtverletzung zur Rede gestellt. Danach fielen die Schüsse, sagte Thomas Mühlbacher, Leiter der Staatsanwaltschaft Leoben am Mittwoch.

Aussprache wegen fehlendem Protokoll

"Es war kein echter Streit, sondern eine ruhige Aussprache", schilderte Mühlbacher im APA-Gespräch. Es ging um eine mögliche Dienstpflichtverletzung, wegen der der 59-jährige Kommandant seinen rangniedrigeren Kollegen befragen musste. "Eine Amtshandlung soll nicht protokolliert worden sein", bestätigte Mühlbacher entsprechende Medienberichte. Das Gespräch sei ruhig geblieben, dann sei der 46-Jährige hinaus und wenig später mit seiner Dienstwaffe im Holster zurück in den Raum des Kommandanten gekommen.

... dann schoss Polizist

Der Polizist hatte seinen Vorgesetzten dann noch gefragt, ob man das nicht anders regeln könne. "Als dieser das unter Hinweis auf seine Pflichten als Vorgesetzter verneinte, zog der Beschuldigte die Waffe und gab vier Schüsse auf das Opfer ab, wovon drei tödlich waren", hieß es Mittwochabend in einer Aussendung der Staatsanwaltschaft.

Psychisches Gutachten

 Von einem anwesenden Kollegen ließ sich der 46-Jährige dann widerstandslos festnehmen, wobei er noch sinngemäß gesagt haben soll: "Ich habe den Chef erschossen," so Mühlbacher. Der Beschuldigte gesteht weiterhin die Schussabgabe zu, verweigerte jedoch bisher weitere Angaben.

Ein psychiatrisches Gutachten soll Aufschlüsse darüber geben, "was in dem Moment in dem Mann vorging", so Mühlbacher weiter. Über mögliche vorherige Auffälligkeiten des Verdächtigen liegt bei der Staatsanwaltschaft bisher nichts vor. "Ich gehe aber davon aus, dass solche, falls es diese gibt, bei den Ermittlungen dann übergeben werden."

Obduktionsergebnis liegt vor

Wenige Stunden nach der Tathandlung hatte der zuständige Staatsanwalt gemeinsam mit den erhebenden Beamten des LKA Salzburg, zwei Gerichtsmedizinerinnen und einem waffenkundlichen Sachverständigen einen Augenschein am Tatort durchgeführt, informierte die Staatsanwaltschaft in ihrer Aussendung weiter. "Die im Anschluss bis in die frühen Morgenstunden andauernde Obduktion ergab, dass das Opfer durch hochgradigen Blutverlust infolge mehrfacher Schussverletzungen verstarb", lautet es in der Aussendung.

Unbestätigten Medienberichten zufolge soll der Polizist "manisch-depressiv" gewesen sein und auch Suizidgedanken geäußert haben. Das soll auch den Dienstbehörden gemeldet worden sein. Auch von möglichen Entgleisungen bei Amtshandlungen war die Rede. Zudem hat die Staatsanwaltschaft Leoben ein gerichtsmedizinisches, ein toxikologisches und ein spurenkundliches Gutachten in Auftrag gegeben, in dem auch in Zusammenarbeit mit dem waffenkundlichen Sachverständigen anhand der gesicherten Tatortspuren der detaillierte Geschehensablauf rekonstruiert werden soll.

Landespolizeidirektor Gerald Ortner hat am Mittwoch zur tödlichen Schussabgabe und Vorwürfen zur Person des Tatverdächtigen Stellung genommen. Dieser ist im Dezember 2000 in den Exekutivdienst eingetreten und war zuletzt der Polizeiinspektion Trieben zugeordnet. "Der Dienstbehörde sind keine disziplinären Beanstandungen bekannt. In seinen 22 Jahren Dienst hat er auch kein Verhalten gesetzt, das Anlass für disziplinäre Maßnahmen gegeben hätte. Es lagen keine keinerlei Hinweise vor, die die Exekutivdiensttauglichkeit in Frage gestellt hätten", wurde betont. 2022 habe es eine Beschwerde wegen einer geführten Amtshandlung nach den Covid-Bestimmungen gegeben: Diese sei bei der Volksanwaltschaft eingelangt und wird geprüft. Im Februar 2023 gab es Erhebungen seines unmittelbaren Dienstvorgesetzten zum Verdacht eines Amtsdeliktes.

Interne Überprüfung beantragt

"Auch wenn aus den bisherigen internen Akteninhalten keine Unzulänglichkeiten ersichtlich sind, wurde von mir eine interne Überprüfung sämtlicher Vorwürfe aus der Bevölkerung und dem Kollegenkreis beauftragt, um diese lückenlos und transparent aufzuklären", hielt Ortner fest. Die Prüfung werde "einige Zeit in Anspruch nehmen", so der Landespolizeidirektor. Von der Staatsanwaltschaft Leoben wird ein psychiatrisches Gutachten beauftragt. Dies ist Teil des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens.

Ortner gedachte auch dem Verstorbenen, der erst vor wenigen Monaten die Führung der Dienststelle übernommen hatte, nachdem er dort zuvor viele Jahre lang als stellvertretender Inspektionskommandant wirkte: "Er führte die Polizeiinspektion ausgezeichnet. In schwierigen Zeiten bedarf es außergewöhnlicher Menschen, die Führungsverantwortung übernehmen. Der Verstorbene war einer davon. Ich möchte dem verstorbenen Kollegen meinen absoluten Respekt zollen und der Familie mein aufrichtiges Beileid aussprechen", sagt Ortner.

ribbon Zusammenfassung
  • Der 46-jährige steirische Polizist, der am Montag auf seinem Posten seinen Chef mutmaßlich mit drei Schüssen getötet hat, dürfte wohl noch am Mittwoch in Untersuchungshaft kommen.
  • Bei den Befragungen lichtete sich das mögliche Motiv: Der Kommandant hatte ihn wegen einer angeblichen Dienstpflichtverletzung zur Rede gestellt.