Nach inszeniertem Mordkomplott zulasten der Exfrau angeklagt
Darüber hinaus hat die Anklagebehörde die Einweisung des Mannes in ein forensisch-therapeutisches Zentrum nach § 21 Absatz 2 StGB beantragt. Einem psychiatrischen Gutachten zufolge ist der Mann zwar zurechnungsfähig und somit schuldfähig, weist aber eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit ausgeprägten narzisstischen und antisozialen Zügen auf. Die Sachverständige bescheinigt dem mehrfach Vorbestraften - zuletzt hatte er wegen beharrlicher Verfolgung seiner Ex-Frau fünf Monate auf Bewährung ausgefasst - "eine Progredienz der kriminellen Energie". Sie befürchtet in ihrer Expertise, der 64-Jährige könnte ohne haftbegleitende, im Maßnahmenvollzug gewährleistete Therapien wieder Straftaten mit schweren Folgen setzen. Der Angeklagte sitzt wegen Tatbegehungs- und Fluchtgefahr in U-Haft.
"Er ist unschuldig", versicherte Verteidiger Michael Dohr am Freitag der APA. Das psychiatrische Gutachten sei "haltlos", was der Anwalt im Rahmen der Hauptverhandlung mit einem Gegengutachten eines renommierten forensischen Psychiaters beweisen will. "Der Fall zeigt, wie schnell man hierzulande weggesperrt wird", sagte Dohr.
Beim Angeklagten handelt es sich um einen ehemaligen Kapitän, der jahrelang zur See gefahren ist. Er hatte als Statist in der "Piraten der Karibik-"Filmserie mitgewirkt. Im vergangenen Herbst soll er dann vorgetäuscht haben, seine Ex-Frau habe ihn in eine 2.000-Seelen-Gemeinde im niederösterreichischen Industrieviertel gelockt, wo er von zwei Männern zusammengeschlagen und in den Kofferraum eines Pkw gesperrt worden sei und ermordet werden sollte. Indem er für einige Zeit von der Bildfläche verschwand und ein Mobiltelefon mit manipulierten Chatverläufen in eine Polizeiinspektion warf, verstärkte er laut Anklage den Eindruck, er wäre Opfer eines Verbrechens geworden. "Der inszenierte Geschehensablauf führte zu massiven Ermittlungsmaßnahmen, wobei sich erst letztlich (...) mit zahlreichen Observationen, Handypeilungen und Nachrichtenüberwachungen der tatsächliche Geschehensablauf objektivieren ließ", wird in der Anklageschrift ausgeführt. Wie sich herausstellte, hatte der 64-Jährige am Pkw seiner Ex-Frau sogar einen GPS-Tracker angebracht und seinen hochbetagten Vater dazu gebracht, bei der Polizei eine Stellungnahme hinsichtlich seiner Wahrnehmungen zum angeblichen Überfall vorzulegen. Der Angeklagte soll auch mehrfach bei Polizeidienststellen angerufen und die Aufnahme von Mordermittlungen gegen seine Ex-Frau verlangt und deren Festnahme urgiert haben.
"Er wollte die Polizei dazu bringen, dass endlich wegen des ihm gestohlenen Goldes ermittelt wird", bemerkte dazu Verteidiger Dohr im Gespräch mit der APA. Sein Mandant habe auf seinem Grundstück einen Goldschatz vergraben gehabt und sei überzeugt, dass sich die Ex-Frau diesen mittels Einbruchsdiebstahls zugeeignet habe: "Die Goldmünzen sind weg. Nur sie hat das Versteck gekannt."
Die Staatsanwaltschaft hält auch das für unwahr. Der angebliche Diebstahl von Münzen im Wert von 50.000 Euro ist mit von der Anklage umfasst. Zum Motiv, das die Behörde dem 64-Jährigen unterstellt, heißt es in der Anklage, dieser habe die Trennung von seiner Ex-Frau nicht akzeptieren können. Daher habe er den Entschluss gefasst, sie "gesellschaftlich zu vernichten".
Zusammenfassung
- Am 11. Juni beginnt am Landesgericht Wiener Neustadt der Prozess gegen einen 64-jährigen Mann, der ein Mordkomplott gegen sich selbst inszeniert haben soll, um seine Ex-Frau zu belasten.
- Die Staatsanwaltschaft beschreibt den Angeklagten als zurechnungsfähig, trotz einer diagnostizierten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und antisozialen Zügen, und fordert seine Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum.
- Der Verteidiger des Angeklagten weist die Anschuldigungen zurück und kündigt an, ein Gegengutachten vorzulegen, das die psychiatrische Bewertung in Frage stellt.