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GAW fordert rasche Umsetzung von neuen EU-Standards

Seit vergangener Woche sind EU-weite Richtlinien in Kraft, die die Arbeit von Gleichbehandlungsstellen stärken sollen. Dazu zählen etwa umfassende Klagerechte und mehr Ressourcen für Präventivarbeit. Diese umzusetzen, ist Aufgabe der nächsten Regierung, für die Implementierung hat Österreich zwei Jahre Zeit. "Jeder kann irgendwann von Diskriminierung betroffen sein" betont Sandra Konstatzky, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft, im Gespräch mit der APA.

Klagerechte, wie von der EU vorgesehen, fordert die GAW schon lange. Nur in rund einem Zehntel der Fälle, die der GAW gemeldet werden, folgt der Schritt vor die Gleichbehandlungskommission. Durch Klagen würden Rechtsmeinungen gebildet. "Sie sind unser Kompass für die tägliche Beratungsarbeit und fließen außerdem in unsere Sensibilisierungsarbeit für Unternehmen und Dienstleister und Dienstleisterinnen ein". Der GAW fehle derzeit aber die Handhabe gegen diskriminierende Praktiken, wenn sich Betroffene nicht an sie wenden. Durch Verbandsklagen hätte die GAW ein rechtliches Instrument in Fällen wie bei jenem Kärntner Lokalbetreiber, der 2023 auf Social Media ankündigte, "keine Araber" bewirten zu wollen.

Durch die neuen Standards erhofft sich die GAW - aber auch die Behindertenanwaltschaft - mehr Ressourcen. Die GAW müsse derzeit rund ein Viertel aller Schulungsanfragen von Unternehmen aufgrund von Personalmangel absagen, obwohl Präventiv- und Sensibilisierungsarbeit eigentlich ebenso Auftrag der Gleichbehandlungsstellen ist. "Unsere Gleichbehandlungsanwälte und -Anwältinnen sind mit Beratungstätigkeiten voll ausgelastet und müssen diese Aufgabe zusätzlich stemmen, das ist nicht nachhaltig und die EU-Standards pochen auf den Ausbau im präventiven Bereich", so Konstatzky.

Für Behindertenanwältin Christine Steger ist insbesondere der Ausbau von Regionalbüros ein wichtiger Schritt der finanzielle und personelle Mittel fordert: "Es geht darum, wie Menschen, die strukturell benachteiligt werden, zu der Unterstützung kommen, die ihnen zusteht." An die Behindertenanwaltschaft wenden sich häufig Personen, die mehrfach diskriminiert werden und die aufgrund fehlender Mobilität vor größeren Hürden bei der Suche nach Hilfe stehen. Im vergangenen Jahr hätte ihre Stelle 1.800 Anfragen gehabt, "wir könnten noch viel mehr machen, aber die Ressourcen waren bisher nicht da. Wir erwarten durch die personelle Aufstockung 2024 hier Verbesserungen". Dass Menschen mit Behinderungen, die diskriminiert wurden, sich verpflichtend mit jenen, die sie diskriminiert haben, zu einem "Schlichtungsgespräch" an den Tisch setzen müssen, führe in vielen Fällen dazu, dass Betroffene nicht dagegen vorgehen würden, so Steger.

Deshalb bräuchte es Schlichtungsverfahren "freiwilliger Natur". Auch erhoffen sich Konstatzky und Steger, durch die Richtlinien einen besseren Zugang zum Recht für Betroffene zu schaffen. Derzeit müsse etwa die GAW eine Frau mit Behinderung, die aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert wird, an die Behindertenanwaltschaft verweisen. "Aber ich kann das ja nicht trennen", sagte Steger.

Die EU-Standards sehen außerdem eine Beteiligung von Gleichbehandlungsstellen an politischen und gesetzgeberischen Prozessen vor. Ähnlich wie in Deutschland solle auch in Österreich die Miteinbeziehung von Gleichbehandlungsstellen verpflichtend sein, aktuell werde man nicht immer eingebunden, kritisiert Konstatzky.

Für die schwarz-grüne Bundesregierung haben die beiden durchaus Lob übrig. So wurde etwa das Jahresbudget der GAW auf 130.000 Euro verdoppelt. Man sei zwar nach wie vor "grundsätzlich unterfinanziert", müsse aber auch "im Realen bleiben". "Mir ist schon klar, dass man nicht von 70.000 auf sieben Millionen erhöhen kann", so Konstatzky, insbesondere für Öffentlichkeitsarbeit und Studiendurchführungen brauche es dennoch deutlich mehr Ressourcen. Stegers Bereich - die Behindertenanwaltschaft ist im Sozial- und Gesundheitsministerium angesiedelt - habe dabei unter der Corona-Pandemie "gelitten", sei aber nicht untergegangen. Seit dem Amtsantritt von Johannes Rauch (Grüne), der zeitlich mit dem Abflauen der Pandemie zusammenlag, habe es "fundamentale Verbesserungen", gerade was den Ausbau in den Bundesländern betreffe, gegeben. Verwehren wollen sich beide gegen ein "Beamten-Bashing", die Zusammenarbeit mit der Verwaltung funktioniere gut. Deshalb sei man auch optimistisch, dass die Umsetzung der EU-Standards in der nächsten Legislaturperiode gelingen werde.

Wichtig zu betonen ist Steger und Konstatzky, dass es sich bei Diskriminierung "nicht um ein Nischenthema handelt". Denn: "Es geht um alle Gründe, es geht um Alter, Weltanschauung, Behinderung, Religion, ethnische Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung und Geschlecht. Jede Person in Österreich kann von irgendeinem Diskriminierungsgrund irgendwann betroffen sein", sagte Konstatzky.

Die Gleichbehandlungsanwaltschaft ist eine unabhängige staatliche Einrichtung und im Bundeskanzleramt ansässig. Im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags ist sie für die Beratung und Unterstützung von Personen zuständig, die sich als diskriminiert erachten - aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihres Geschlechts, Alters, ihrer sexuellen Orientierung, der Religion oder Weltanschauung.

ribbon Zusammenfassung
  • Neue EU-Richtlinien stärken die Arbeit von Gleichbehandlungsstellen in Österreich, einschließlich umfassender Klagerechte und mehr Ressourcen für Präventivarbeit.
  • Österreich hat zwei Jahre Zeit, diese Richtlinien umzusetzen, betont Sandra Konstatzky, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft.
  • Die GAW und die Behindertenanwaltschaft erwarten durch die neuen Standards mehr Ressourcen, um ihre Aufgaben effektiver zu erfüllen.
  • Die schwarz-grüne Bundesregierung hat das Jahresbudget der GAW auf 130.000 Euro verdoppelt, um die finanziellen Ressourcen zu verbessern.
  • Diskriminierung betrifft viele Gründe und kann jede Person in Österreich betreffen, erklärt Konstatzky.