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Razzien bei Aktivisten und Journalisten in Weißrussland

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Sechs Monate nach Beginn der Massenproteste in Weißrussland (Belarus) hat es landesweite Razzien bei Journalisten und Menschenrechtlern gegeben. Damit solle festgestellt werden, wie die Proteste im Spätsommer und Herbst finanziert worden seien, teilten die staatlichen Ermittler am Dienstag im Nachrichtenkanal Telegram mit. Nach Angaben von Menschenrechtlern gab es 30 Hausdurchsuchungen mit einzelnen Festnahmen in allen größeren Städten des Landes.

Betroffen war demnach auch das Menschenrechtszentrum Wesna. Dabei seien Telefone und Geräte beschlagnahmt worden, teilte die Organisation mit. Zwei Mitglieder seien festgenommen worden. Der Aktivist Valentin Stefanowitsch sagte: "Das ist die Logik der Repression - am Anfang kommen sie zu den Politikern, den Aktivisten und danach zu den Journalisten und Menschenrechtlern."

Razzien gab es auch beim belarussischen Journalistenverband. Dessen Vorsitzender Andrej Bastunez sei von Polizisten mitgenommen, später aber wieder freigelassen worden, hieß es.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) äußerte ihre "äußerste Besorgnis" angesichts der Berichte über Razzien und rief die Behörden in Belarus auf, die Menschenrechte der Aktivisten zu respektieren. Die Hilfsorganisation Amnesty International kritisierte, dies sei "ein zentral organisierter und gezielter Versuch, die unabhängigen Medien und Menschenrechtsorganisationen des Landes stark zu schwächen".

Österreichs Außenministerium bezeichnete die Berichte über die Razzien und Festnahmen als "sehr alarmierend". "Medienfreiheit und eine lebendige Zivilgesellschaft sind das Rückgrat aller Demokratien. Ihre Rechte müssen geschützt werden", hieß es am Dienstag auf Twitter.

In Deutschland kritisierte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) die weißrussischen Behörden. "Die Repressionen gegen die unabhängigen Medien haben aufzuhören, die inhaftierten Journalisten sind sofort freizulassen", forderte Vorsitzender Frank Überall. Die deutsche Bundesregierung und die EU-Kommission sollten Maßnahmen ergreifen, um Machthaber Alexander Lukaschenko "zur Räson zu bringen".

Die Vereinigung der Europajournalisten (AEJ) zeigte sich über die Maßnahmen empört. Die Vorfälle seien ein weiterer Beweis dafür, dass "der belarussische Präsident, der Ex-Polizist Alexander Lukaschenko, den gleichen brutalen Weg wie Russlands Präsident Waldimir Putin einschlagen will", erklärte die am Montag neu gewählte AEJ-Präsidentin Isaia Tsaousidou in einer am Dienstagabend veröffentlichten Aussendung.

"Dies ist das wahre Gesicht der Bedrohung der freien Medien überall, nicht nur in Russland, sondern auch in EU-Staaten wie Polen und Ungarn", teilte Tsaousidou mit. "Der Vizepräsident unserer AEJ-Sektion in Minsk, Andrej Aliaksandrau, ist seit dem 12. Jänner im Gefängnis, nur weil er über die Massendemonstrationen berichtet hat." Aliaksandrau, Gründer und Chefredakteur der Nachrichten-Website Belarus Journal, war bis 2012 stellvertretender Vorsitzender des weißrussischen Journalistenverbandes.

Die autoritäre Führung hatte immer wieder behauptet, dass die Demonstrationen nach der Präsidentenwahl im August aus dem Ausland finanziert worden sei. Wochenlang hatten teils Zehntausende Menschen regelmäßig gegen die als gefälscht angesehenen Wahlen protestiert. Massenhaft wurden Demonstranten festgenommen. Viele beklagten Polizeigewalt. Zuletzt gab es kleinere Proteste in Wohnvierteln.

Die Opposition und westliche Staaten erkennen Lukaschenko nach den Wahlen nicht mehr als Präsidenten an. Der 66-Jährige regiert die Ex-Sowjetrepublik seit 1994 mit harter Hand.

ribbon Zusammenfassung
  • Sechs Monate nach Beginn der Massenproteste in Weißrussland hat es landesweite Razzien bei Journalisten und Menschenrechtlern gegeben.
  • Damit solle festgestellt werden, wie die Proteste im Spätsommer und Herbst finanziert worden seien, teilten die staatlichen Ermittler am Dienstag im Nachrichtenkanal Telegram mit.
  • Nach Angaben von Menschenrechtlern gab es 30 Hausdurchsuchungen mit einzelnen Festnahmen in allen größeren Städten des Landes.