APA/Moscow's Babushkinsky district court press service/HANDOUT

Wortgefechte in neuem Prozess gegen Nawalny

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Der russische Kreml-Kritiker Alexej Nawalny hat sich bei einem Prozess als Angeklagter in Moskau Wortgefechte mit der Richterin geliefert. Zum Auftakt der Verhandlung wegen des Vorwurfs der Verleumdung eines Weltkriegsveteranen warf der 44 Jahre alte Rechtsanwalt der Richterin am Freitag vor, das Gesetz nicht zu kennen und Nachhilfe nötig zu haben. Die Richterin wies den in einem Glaskäfig sitzenden Nawalny 15 mal zurecht und drohte ihn aus der Verhandlung auszuschließen.

Nawalny wird vorgeworfen, einen Veteranen des Zweiten Weltkriegs als Verräter und korrupten Lakaien verleumdet zu haben. Der ehemalige Rotarmist hatte im vergangenen Jahr für Verfassungsreformen geworben, die es dem Präsidenten Wladimir Putin erlauben soll, nach 2024 für zwei weitere Amtszeiten zu kandidieren. Der Enkel des Veteranen bat Nawalny um eine öffentliche Entschuldigung. Nawalny weigerte sich und sagte, der Veteran werde für politische Zwecke ausgenutzt.

Bei einer Verurteilung droht dem Putin-Gegner Nawalny droht in dem aktuellen Prozess, der in der vergangenen Woche eröffnet worden war, eine Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren, eine Geldstrafe oder Zwangsarbeit. Die Verhandlung soll an diesem Dienstag (16. Februar) fortgesetzt werden.

Nawalny war bereits vergangene Woche zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden, weil er gegen Bewährungsauflagen aus einem früheren Urteil verstoßen haben soll.

Wiederholt sind Zehntausende auf die Straße gegangen, um für Nawalnys Freilassung zu demonstrieren. Er war im August in Russland mit einem Kampfstoff vergiftet worden. Über Monate wurde er in der Berliner Charité behandelt. Der Oppositionspolitiker macht Putin für den Anschlag persönlich verantwortlich, der Präsident weist eine Beteiligung zurück. Das Vorgehen gegen Nawalny hat auch eine Krise in den Beziehungen zwischen europäischen Staaten und Russland ausgelöst.

Nawalny selbst sieht den Prozess, der in der vergangenen Woche eröffnet worden war, als politisch motiviert an. Er hatte im vergangenen Sommer ein in den Staatsmedien ausgestrahltes Video kritisiert, in dem mehrere Bürger sich für eine Verfassungsänderung aussprachen. Kritiker betrachten sie als Instrument der Machtsicherung für Kremlchef Wladimir Putin. "Schaut sie euch an: Sie sind die Schande des Landes", schrieb Nawalny Anfang Juni auf Twitter über die Menschen in dem Clip und beschimpfte sie als "Verräter". Weil einer von ihnen - ein 94-Jähriger, der im Zweiten Weltkrieg kämpfte - sich davon schwer beleidigt gefühlt haben soll, ist Nawalny nun wegen Veteranen-Verleumdung angeklagt.

In einem anderen im Westen heftig kritisierten Prozess war Nawalny in der vergangenen Woche zum Verbüßen einer Haftstrafe verurteilt worden, weil er gegen Bewährungsauflagen verstoßen haben soll, während er sich nach einem Giftanschlag zur Erholung in Deutschland aufhielt.

Am Donnerstagabend berichteten Nawalnys Anhänger in Moskau von einer Razzia in ihren Büroräumen. Sie vermuten einen Zusammenhang zu einer Protestaktion, die sie für diesen Sonntag angekündigt haben: Menschen in ganz Russland sollen sich abends vor ihren Wohnhäusern versammeln und Taschenlampen in die Höhe halten - als Zeichen der Solidarität mit Nawalny und seiner Frau Julia.

ribbon Zusammenfassung
  • Der russische Kreml-Kritiker Alexej Nawalny hat sich bei einem Prozess als Angeklagter in Moskau Wortgefechte mit der Richterin geliefert.
  • Die Richterin wies den in einem Glaskäfig sitzenden Nawalny 15 mal zurecht und drohte ihn aus der Verhandlung auszuschließen.
  • Wiederholt sind Zehntausende auf die Straße gegangen, um für Nawalnys Freilassung zu demonstrieren.
  • Er war im August in Russland mit einem Kampfstoff vergiftet worden.

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