APA/GEORG HOCHMUTH

ÖVP-Parteitag: Nehammer erhält 100 Prozent

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Kanzler Karl Nehammer ist nun auch offiziell Obmann der ÖVP: Bei einem außerordentlichen Bundesparteitag in Graz wurde Nehammer Samstagnachmittag mit 100 Prozent (allen 524 Stimmen) gewählt. Nehammer nahm die Wahl erwartungsgemäß an.

Er übertrifft damit die Ergebnissen von Sebastian Kurz (2017: 98,7 Prozent) und Reinhold Mitterlehner (2014: 99,1 Prozent). 

Davor hatte Nehammer in einer programmatischen Rede für seine Wahl zum Parteivorsitzenden geworben. "Wir sind die ersten Diener dieses Landes, und mit eurer Hilfe werde ich auch Bundesparteiobmann der Volkspartei", sagte er am Ende seines rund einstündigen Auftritts, bevor die Delegierten zur Wahl schritten. Zuvor gab es auch Zuspruch von seinem Vorgänger Sebastian Kurz.

Kurz und Schüssel ohne Ratschläge 

Davor sprachen die ehemaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Sebstian Kurz auf der Bühne. Kurz stellte sich dabei offensiv hinter Nehammer und lobte ihn als einen, "der 100 Prozent gibt in jeder Aufgabe, die er übernimmt". Einen Aufruf zu Optimismus gab es von Schüssel, denn: "Der Pessimist ist der einzige Mist, auf dem nichts wächst", bemühte er ein Zitat von Theodor Heuss.

Zuvor hatte Schüssel seine angriffige Seite hervorgekehrt und Nehammer nicht nur gute Nerven, sondern auch ein "kampffähiges Team" gewünscht. "Wir müssen lernen, wieder zu kämpfen", so der Ex-Kanzler, "es heißt Wahlkampf, liebe Freunde". Auch mutlos dürfe man sich nicht machen lassen. Gerade jetzt sei eine Partei gefragt, die den Freiheitsbegriff hochhalte. Viel Jubel von den knapp 1.300 Gästen, davon 515 stimmberechtigte Delegierte, gab es für Schüssels Worte zu Persönlichkeitsrechten, Rechtsschutz und Meinungsfreiheit angesichts des Zugriffs der Justiz auf Briefe und Chat-Nachrichten, kommen doch viele der aktuellen Vorwürfe gegen die ÖVP aus der Auswertung dieser Quellen.

Schlechte Werte 

Es sind unruhige Zeiten für die Volkspartei, geprägt durch ständige Skandale und schlechte Umfrageergebnisse. Beim Parteitag in der Helmut-List-Halle versucht man nun Geschlossenheit zu demonstrieren und gute Stimmung zu verbreiten. Die Demonstranten-Grüppchen vor der Halle konnten die Laune der Funktionäre nicht trüben, die sich schon vor der Eröffnung an Würsteln und Getränken erfreuen konnten. Zahlreiche bekannte Gesichter, von den türkisen Regierungsmitgliedern über die Landeshauptleute bis zu ehemaligen Parteichefs wie Wolfgang Schüssel und Josef Pröll, waren zugegen. Auch steirische Prominenz wie der Ex-Präsident von Sturm Graz, Hannes Kartnig, beehrte das Event.

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Überhaupt lief es für Nehammer nicht glatt in letzter Zeit: Die Parteifinanzen-Affäre der Vorarlberger ÖVP, schlechte Umfragewerte, der laufende ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss, die Kritik an seiner Reise zum russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin und die Affäre um betrunkene Cobra-Personenschützer im Umfeld der Kanzlerfamilie dominierten die Schlagzeilen.

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Nehammer wurde zu Beginn mit stehenden Ovationen begrüßt. Er präsentierte sich zur Eröffnung gut gelaunt: "So viele in so einem kleinen Raum heißt auch, so viele Viren, aber jetzt kümmert es uns nicht mehr - schön, dass ihr da seid!", rief er der Menge zu. "Die Stimmung ist gut. Wenn wir die auch noch in Stimmen umwandeln, kann uns nichts mehr passieren", meinte auch der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer. An die Delegierten appellierte er in Hinblick auf die Wahl, zu bedenken, dass Nehammer Rückhalt brauche - "in einer Situation, die nicht die beneidenswerteste ist, da müssen wir realistisch bleiben", und in einer Situation, in der Politik Freiwild geworden sei, wogegen man sich mehr wehren müsse.

ribbon Zusammenfassung
  • In durchaus turbulenten Zeiten für seine Partei lässt sich Bundeskanzler Karl Nehammer am Samstag nun auch offiziell zum ÖVP-Obmann küren.
  • Bei einem Bundesparteitag in Graz wird Nehammer - als einziger Kandidat - mit einer rund halbstündigen Rede versuchen, die Funktionäre für sich zu gewinnen.
  • Ansprechen will Nehammer nicht nur die "schwierige Phase" seiner Partei, sondern auch die Themenbereiche Krise, Krieg, Pandemie, Energiekosten und Teuerung.

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