Kanzler will EU-Geld für Grenzschutz, Kommission: Gibt es eh schon

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Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) macht weiter Druck bei der EU-Finanzierung für den Grenzschutz. Die EU-Kommission erteilte der Forderung Nehammers eine Absage mit der Begründung, dass dies bereits geschehe.

Laut einem Entwurf der Gipfelerklärung von Donnerstagabend wird die EU-Kommission aufgefordert, EU-Mitgliedstaaten mit EU-Mitteln und Maßnahmen bei der Verstärkung ihrer Grenzschutzkapazitäten und Infrastrukturen unverzüglich zu unterstützen. Dazu zählen auch die Kontrolle und Luftraumüberwachung sowie entsprechende Ausrüstung.

Der Gipfel fordert laut Entwurf die EU-Kommission auf, Maßnahmen von Mitgliedstaaten zu finanzieren, "die direkt zum Schutz der EU-Außengrenzen beitragen, sowie zur Verbesserung des Grenzschutzes in Schlüsselländern auf Transitrouten in die Europäische Union".

Zuvor hatte sich Nehammer noch nicht zufrieden gezeigt. "Es muss noch stärker werden im Ausdruck, dass tatsächlich Hilfe passiert", forderte der Kanzler am Donnerstag am Rande des EU-Sondergipfels. "Wir brauchen einen Unterschied zu dem, was vorher war."

Nehammer: "Jeder Zaun ist so gut, wie er überwacht wird"

Es werde vermutlich um "jedes Wort" diskutiert, "aber es ist notwendig, die Zeit zu nutzen, um die Gravitas, den Nachdruck, in den formulierten Worten sichtbar zu machen", betonte Nehammer. Dies sei auch mit den Niederländern abgestimmt.

Im Vorfeld des EU-Gipfels erklärte Nehammer, es müssten "Geldmittel zur Verfügung gestellt werden. Ob dann die einen dazu Zaun sagen, die anderen technische Infrastruktur - entscheidend ist, dass Bulgarien geholfen wird". Dabei gehe es um die Verstärkung des Zauns an der bulgarisch-türkischen Grenze sowie um dessen Überwachung.

"Jeder Zaun ist so gut, wie er überwacht wird", betonte Nehammer. Österreich werde sich dafür einsetzen. Das "Phänomen von irregulärer Migration ist im vollen Umfang wieder zurück und es braucht Maßnahmen dagegen, die auch tatsächlich wirken", sagte der Kanzler. "Wir müssen in der ganzen Europäischen Union die Asylbremse anziehen und jetzt ist der Moment gekommen."

Staats- und Regierungschefs uneinig

Vom EU-Gipfel erwartete sich Nehammer "konkrete Beschlüsse". Wichtig sei, "dass wir tatsächlich substanziell sprechen, dass wir ehrlich zueinander sind, das Problem auch tatsächlich so benennen, wie es sich darstellt und dann Maßnahmen daraus ableiten", ergänzte der ÖVP-Politiker. Der Fokus sollte auf den EU-Außengrenzländern liegen, ihnen müsste signalisiert werden "sie, werden nicht alleingelassen, damit wir nicht alleingelassen werden, wenn wir dann die Sekundärmigration erleben".

Nehammer hatte im Vorfeld des Gipfels mehrmals die Finanzierung von Grenzzäunen mit EU-Geldern gefordert. Die EU-Kommission erteilte der Forderung Nehammers stets eine Absage und betonte, für Grenzmaßnahmen wie Überwachungskameras oder Personal sehr wohl Geld zur Verfügung zu stellen.

Unterstützung bekam Nehammer aus Griechenland. Regierungschef Kyriakos Mitsotakis sagte, er sei "absolut" für EU-finanzierte Zäune. "Es ist nicht logisch, dass die EU Technologie, Drohnen und Überwachung zahlt, aber nicht die Zäune selbst." Dagegen äußerte sich der luxemburgische Ministerpräsident Xavier Bettel: "Es wäre eine Schande, wenn eine Mauer in Europa gebaut würde mit den europäischen Sternen drauf."

Italiens Regierungschefin Georgia Meloni sagte auf die Frage nach Nehammers Forderung von zwei Milliarden Euro für den bulgarisch-türkischen Grenzzaun: "Man braucht verschiedene Instrumente je nach den unterschiedlichen Grenzen." Sie setze sich für die südliche Grenze ein. "Europa muss seine Außengrenzen kontrollieren." Sie stimme allem zu, was dabei helfe, die illegale Migration zu kontrollieren.

Die EU-Staat- und Regierungschefs beraten nach dem Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj noch am Abend über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Danach will der EU-Gipfel die Themen Migration und EU-Industrieplan diskutieren.

Migrationsexpertin Judith Kohlenberger erklärt, warum das Thema Migration derzeit so hochemotional diskutiert werden. Einige Akteure in der Debatte seien dabei "gar nicht an einer wirklichen Lösung" interessiert.

ribbon Zusammenfassung
  • Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) macht weiter Druck bei der EU-Finanzierung für den Grenzschutz.
  • Laut einem Entwurf der Gipfelerklärung von Donnerstagabend wird die EU-Kommission aufgefordert, EU-Mitgliedstaaten mit EU-Mitteln und Maßnahmen bei der Verstärkung ihrer Grenzschutzkapazitäten und Infrastrukturen unverzüglich zu unterstützen.
  • Nehammer hatte im Vorfeld des Gipfels mehrmals die Finanzierung von Grenzzäunen mit EU-Geldern gefordert.
  • Unterstützung erhielt er dabei von Dänemark und Griechenland, während sich Deutschland dagegen aussprach.

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