APA/APA (AFP)/KIRILL KUDRYAVTSEV

Festnahmen bei Demos für Freilassung Nawalnys in Russland

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Im mehreren Städten Russlands demonstrierten Menschen gegen Staatschef Wladimir Putin und für die Freilassung von Alexej Nawalny. Dabei wurden auch dessen Ehefrau und engste Mitarbeiterin verhaftet.

In Moskau und zahlreichen weiteren russischen Städten sind Zehntausende Menschen dem Aufruf des inhaftierten Oppositionspolitikers Alexej Nawalny zum Protest gegen Staatschef Wladimir Putin gefolgt. In Moskau kam es zu Zusammenstößen der Polizei mit Demonstranten. Es gab Dutzende Verletzte. Die Polizei nahm zahlreiche Protestteilnehmer fest, darunter auch Nawalnys Ehefrau Julia und seine engste Mitarbeiterin, die Juristin Ljubow Sobol.

Über 3.000 Festnahmen

Bei den landesweiten Protesten sind nach Angaben der Nichtregierungsorganisation OWD-Info 3.296 Menschen festgenommen worden. Allein 1.294 seien es in Moskau gewesen und 489 in St. Petersburg. Insgesamt seien die Menschen am Samstag in rund 100 Städten und Ortschaften auf die Straßen gezogen. Die Polizei ging vielfach gewaltsam gegen die Demonstranten vor. In sozialen Medien waren Aufnahmen von verletzten Protest-Teilnehmern zu sehen, etwa mit blutverschmierten Köpfen. Nach Angaben einer Sprecherin der US-Botschaft wurden auch Journalisten in Gewahrsam genommen. Auch Nawalnys Ehefrau Julia Nawalnaja wurde nach eigenen Angaben vorübergehend festgenommen.

Allein in der Hauptstadt Moskau sprachen Unterstützer Nawalnys von 40.000 Teilnehmern. Die Polizei gab die Zahl deutlich niedriger an. Unter den Tausenden Protestierenden in Moskau waren viele junge Leute und Angehörige der Mittelschicht. Aktivisten und Journalisten beklagten eine Drosselung des Internets.

"Putin wor" - "Putin ist ein Dieb!" - riefen die Menschen in Moskau und vielen anderen Städten. Es war der Satz des Tages, der die vielen Demonstranten im ganzen Land auch über die riesigen Distanzen miteinander verband. Dabei ging es nicht nur um dem Raub von demokratischen Freiheitsrechten, viele riefen: "Russland wird frei sein!".

Zusammenstöße von Polizei und Demonstranten in Moskau

Am Abend kam es in Moskau teils zu schweren Zusammenstößen mit der berüchtigten Sonderpolizei OMON. Demonstranten durchbrachen Absperrungen mit Metallgittern und warfen mit Feuerwerkskörpern und Schneebällen. Die Uniformierten prügelten im Gegenzug mit Schlagstöcken auf die vorwiegend jungen Demonstranten ein.

Nawalny hatte zu den Protesten gegen Putin aufgerufen, nachdem er am Sonntag vergangener Woche unmittelbar nach seiner Rückkehr von Deutschland nach Russland festgenommen worden war. In Berlin war der 44-Jährige nach einem Giftanschlag im August behandelt worden. Am Montag verhängte ein russisches Gericht in einem Eilverfahren 30 Tage Haft gegen ihn wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen.

Landesweit folgten am Samstag zahlreiche Menschen Nawalnys Aufruf zum Protest. Die ersten Kundgebungen fanden im Fernen Osten Russlands und in Sibirien statt, wo nach Angaben der Bürgerrechtsorganisation OWD etwa 200 Menschen festgenommen wurden. Etwa 2.000 Menschen demonstrierten im Zentrum von St. Petersburg. Auch dort gab es zahlreiche Festnahmen. Im nordrussischen Jaktustk trotzten Demonstranten extrem winterlichen Temperaturen von minus 50 Grad und gingen für Nawalnys Freilassung auf die Straße.

Wie erfolgreich der Protestaufruf der Opposition letztendlich sein würde, war bis zuletzt nicht absehbar gewesen. Am Ende des Tages stand fest: Viele russische Städte hatten die größten ungenehmigten Proteste seit Jahren erlebt - darunter auch das sibirische Tomsk, wo Nawalny vor fünf Monaten vergiftet worden war. Die Staatsmacht habe zwei Fehler gemacht, kommentierte die Politologin Tatjana Stanowaja: "Die Vergiftung Nawalnys und seine Verhaftung."

US-Regierung kritisiert Vorgehen der Behörden

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell übte scharfe Kritik am Vorgehen der russischen Behörden gegen die Demonstrationen. Er sei besorgt und werde am Montag mit den Außenministern der EU-Staaten bei einem Treffen in Brüssel über die nächsten Schritte der EU beraten. Bereits Mitte der Woche hatten Vertreter von Mitgliedstaaten neue EU-Sanktionen wegen der Inhaftierung Nawalnys als realistische Option bezeichnet. Eine Entscheidung wird es aber vermutlich erst geben, wenn Nawalny längerfristig in Haft gehalten werden sollte.

Auch die neue US-Regierung verurteilte am Samstag die "harschen Methoden" der russischen Sicherheitskräfte im Umgang mit Demonstranten und Journalisten forderte die Freilassung aller Festgenommenen.

Das russische Außenministerium warf US-Diplomaten unterdessen vor, sich in die Massenproteste aktiv eingeschaltet zu haben. Die US-Botschaft in Moskau habe Marschrouten veröffentlicht, die von den Anhängern Nawalnys genutzt werden konnten, schrieb die Außenamtssprecherin Maria Sacharowa auf Facebook. "Das werden die US-Kollegen erklären müssen." Sie hätten auch Informationen über einen "Marsch auf den Kreml" verbreitet.

Auch im Ausland versammelten sich Nawalny-Anhänger vielerorts zu Protestaktionen, unter anderem in der deutschen Hauptstadt Berlin, Finnlands Hauptstadt Helsinki und im polnischen Warschau.

ribbon Zusammenfassung
  • In Moskau und zahlreichen weiteren russischen Städten sind Zehntausende Menschen dem Aufruf des inhaftierten Oppositionspolitikers Alexej Nawalny zum Protest gegen Staatschef Wladimir Putin gefolgt.
  • In Moskau kam es zu Zusammenstößen der Polizei mit Demonstranten.
  • Bei den landesweiten Protesten sind nach Angaben der Nichtregierungsorganisation OWD-Info 3.296 Menschen festgenommen worden.
  • Der Kreml hat die in dem Video erhobenen Vorwürfe bestritten.

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