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Kritik an Öl-Embargo-Plänen der EU-Kommission

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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die neuen Pläne für Wirtschaftssanktionen gegen Russland bestätigt.

"Wir schlagen jetzt ein Embargo für russisches Öl vor. Dabei geht es um ein vollständiges Einfuhrverbot für sämtliches russisches Öl", sagte sie am Mittwoch im Europaparlament. Ungarn kündigte Widerstand an. Tschechien und die Slowakei forderten Ausnahmeregelungen. Österreich unterstütz das Sanktionspaket.

Übergangsfrist

Mit einer Übergangsfrist von sechs Monaten sollten Importe von russischem Rohöl gestoppt werden, sagte von der Leyen am Mittwoch in Straßburg. Bis Jahresende soll das Embargo zudem alle raffinierten Öl-Produkte umfassen. Die 27 Mitgliedstaaten müssen dem Vorschlag der Kommission noch zustimmen. EU-Kreisen zufolge sollen Ungarn und die Slowakei durch eine Ausnahmeregelung Öl bis Ende 2023 beziehen können. Die beiden Länder und weitere aus Osteuropa äußerten sich dennoch skeptisch. Das sechste EU-Sanktionspaket nimmt ferner die russische Sberbank ins Visier. Mit Sanktionen belegt werden zudem mutmaßliche Verantwortliche für Morde an Zivilisten in der Ukraine. Auf der Sanktionsliste steht offenbar außerdem das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill.

Für Ungarn und die Slowakei soll es eine Ausnahmeregelung geben.

"Auf diese Weise maximieren wir den Druck auf Russland und halten gleichzeitig Kollateralschäden für uns und unsere Partner weltweit möglichst gering", erklärte die deutsche Politikerin. "Denn wenn wir der Ukraine helfen wollen, muss unsere eigene Wirtschaft stark bleiben." Gleichzeitig räumte von der Leyen ein, dass das geplante Öl-Embargo manchen Ländern große Anstrengungen abverlangen wird. Machen wir uns nichts vor: Das wird nicht einfach", sagte sie. "Einige Mitgliedstaaten hängen erheblich von russischem Öl ab."

Embargo trifft unterschiedlich stark 

Das Öl-Embargo werde die Mitgliedstaaten unterschiedlich treffen, da nicht alle gleich abhängig von russischem Erdöl seien, sagte auch Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) nach dem Ministerrat am Mittwoch in Wien. Österreich sei davon zwar nicht so stark abhängig wie andere Staaten, Teuerungen seien aber auch hierzulande zu erwarten. Für Österreich sei es nach wie vor wichtig, die Abhängigkeit von Gas "zurückzuschrauben". Ein Gas-Embargo stehe derzeit aber nicht zur Debatte, sagte Schallenberg.

PULS 24 Reporterin Nadja Buchmüller fasst zusammen, welche Auswirkungen diese Embargo auf Österreich haben könnte.

Ungarn droht mit Veto

Ungarn erklärte dagegen, das von der EU-Kommission vorgeschlagene Öl-Embargo gegen Russland in der vorliegenden Form nicht unterstützen zu können, wie Außenminister Peter Szijjarto erklärte. Ein Importstopp von Rohöl Ende nächsten Jahres würde die Energiesicherheit Ungarns gefährden, sagte Szijjarto zu dem Vorschlag, nach dem das Land bereits eine Sonderregelung eingeräumt bekommt. Seine Regierung könnte zustimmen, wenn die Lieferungen über Pipelines von dem Embargo ausgeschlossen würden.

Slowakei und Tschechien mit Änderungen 

Die Slowakei strebt eine dreijährige Übergangsphase bei einem EU-Ölembargo an. Die Slowakei sei stark abhängig von russischen Öllieferungen, sagte Wirtschaftsminister Richard Sulik zur Begründung. Das Land habe die EU-Sanktionen unterstützt, wolle aber nach wie vor eine Ausnahmeregelung, um Zeit zu haben, sich um alternative Öllieferungen zu kümmern.

Nach der Slowakei und Ungarn forderte auch Tschechien am Mittwoch eine Ausnahme. Man unterstütze die Sanktionen gegen Moskau wegen des Ukraine-Kriegs, dürfe sich aber nicht selbst stärker schädigen als Russland, sagte Ministerpräsident Petr Fiala nach einer Kabinettssitzung in Prag. Er forderte einen Aufschub für sein Land um zwei bis drei Jahre, um Zeit für den Ausbau alternativer Pipelinekapazitäten zu gewinnen. Dann sei man bereit, das Sanktionspaket zu unterstützen.

Großes Ringen

Um ein Öl-Embargo wurde seit Wochen intensiv gerungen. Experten-Schätzungen zufolge haben die EU-Länder seit Kriegsbeginn Russland etwa 20 Milliarden Euro für Öl überwiesen. Deutschland hatte nach anfänglicher Skepsis seinen Widerstand aufgegeben und es unterstützt. Hintergrund ist, dass die Abhängigkeit von russischen Importen schneller als vermutet von einst 35 Prozent gesunken ist. Dem deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck zufolge sind es derzeit noch etwa zwölf Prozent, die im Wesentlichen auf die Raffinerie Schwedt an der Oder entfallen, die vom russischen Rosneft-Konzern kontrolliert wird.

Der Vize-Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses im russischen Oberhaus, Wladimir Dzhabarow, warf der EU eine Täuschung vor. Die Staaten würden weiter über Dritt-Länder russisches Öl beziehen, sagte er der Agentur RIA Nowosti.

Der Vertreter der EU-Kommission in Österreich, Martin Selmayr, geht davon aus, dass das Öl-Embargo nicht erst in Monaten seine Wirksamkeit entfaltet, sondern teils schon jetzt und weiter binnen Wochen. Denn einige Mitgliedstaaten seien schon jetzt aus dem Bezug russischen Erdöls ausgestiegen, betonte Selmayr am Mittwoch in Wien. "Wir sollten keine Angst haben (vor dem Embargo, Anm.), aber wir sollten gut vorbereitet sein." Derart "vorbereitet" sieht Österreich Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne), wie sie bereits am Montag sagte. Demnach ist in Österreich bereits seit März kein russisches Öl mehr verarbeitet worden.

Öl-Preis zieht an

Das geplante Einfuhr-Embargo für russisches Öl wird die heimische Wirtschaft nur marginal bremsen und die Inflation wohl nur um einen halben Prozentpunkt anheizen. Das gab Wifo-Chef Gabriel Felbermayr am Mittwoch im Ö1-"Mittagsjournal" zu verstehen. Natürlich bedeute jede Einschränkung der Ölimporte aus Russland weiter Druck am Ölmarkt. Der werde am Treibstoffmarkt weitergegeben, "aber nicht eins zu eins".

Nach der Ankündigung des - weitgehend erwarteten - Embargos, stieg der Öl-Preis bis zum Nachmittag um gut drei Prozent. In den vergangenen Tagen war er eher mäßig geklettert.

Umweltschützer zufrieden - FPÖ dagegen 

Umweltschützer zeigten sich zufrieden. "Das heute in Aussicht gestellte EU-Embargo für russisches Öl ist längst überfällig und ein wichtiger Schritt, um Putins Kriegskasse trockenzulegen", erklärte Greenpeace in einer Aussendung. Die Umweltschutzorganisation forderte eine Umgestaltung des Verkehrssektors wie ein Verbot von Kurzstreckenflügen, die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene und die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs.

Die FPÖ forderte indes ein Veto Österreichs. Komme das Embargo, werde "die Energieversorgung in Europa völlig auf den Kopf gestellt und die Teuerungsproblematik weiter angeheizt werden", betonte Europasprecherin Petra Steger in einer Aussendung.

Von der Leyen will Krieg beenden

"Wir wollen, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt", erläuterte von der Leyen in Straßburg. Dies bedinge auch finanzielle Hilfen. So brauche das Land derzeit monatlich fünf Milliarden Euro, um den Staat aufrechterhalten zu können. Für den Wiederaufbau des Landes seien nach Schätzungen mehrere hundert Milliarden Euro erforderlich. Auch hierbei trage die EU eine besondere Verantwortung. Und am Ende dieses Weges könne dann eine Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union stehen, sagte von der Leyen unter dem Beifall der Abgeordneten. Wie viel Geld das Paket umfassen soll, sagte die EU-Kommissionschefin zunächst nicht.

ribbon Zusammenfassung
  • Die EU-Kommission hat den Mitgliedstaaten den Entwurf eines neuen Sanktionspakets gegen Russland vorgelegt, das vor allem ein Ölembargo vorsieht.
  • In einem Pressestatement hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die neuen Pläne für Wirtschaftssanktionen gegen Russland nun auch bestätigt.
  • Neben dem Öl-Embargo bestätigte von der Leyen Pläne für Strafmaßnahmen gegen weitere russische Banken.
  • Am Mittwoch sollen sich erstmals Vertreter der Mitgliedstaaten mit den neuen Strafmaßnahmen befassen.

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