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Von Porno bis Eso: Der bizarre TikTok-Star "King Thomas"

03. März 2023 · Lesedauer 6 min

Auf TikTok geht ein deutscher Hippie-Unternehmer viral: Er lässt Jugendliche in Livestreams für sich tanzen. Doch der Deutsche hat eine Geschichte, die ihn dubios erscheinen lässt. Es geht um Esoterik, Pornos und Strafverfolgung.

"King Thomas" geht auf TikTok viral. War aber auch davor kein Unbekannter. In den 2000er Jahren betrieb er den TV-Sender "Kanal Telemedial". In Deutschland wurde wegen des Verdachts auf Betrug in 1,5 Millionen Fällen gegen ihn ermittelt und er soll Beziehungen zu einer dubiosen Sekte gepflegt haben.

Thomas Hornauer heißt der 62-jährige deutsche Esoteriker im echten Leben. Auf der App TikTok begegnet man ihm aktuell als Eso-Musiker, der Jugendliche im Livestream für sich tanzen lässt. Auf seiner Website nennt er sich "Seine Königlichkeit Heiligkeit Thomas G. Hornauer". Seine Markenzeichen: Lange Haare und ein regenbogenfarbenes Batik-Shirt. 

Auf TikTok streamt er mit mehreren Personen gemeinsam. Hornauer bestimmt dabei, wer Gast ist. Dann passiert bei "König Thomas" folgendes: Er animiert Jugendliche dazu, zu seiner Musik "TAM Dance" zu tanzen, eine Art meditatives auf der Stelle gehen. Die jungen Zuseher können virtuelle Geschenke an die Tanzenden schicken. Dafür müssen sie mit echtem Geld zahlen, dass dann in Hornauers (und TikToks) Taschen wandert.

Man könnte das alles als Internet-Spinnerei abtun, wäre Hornauer medial nicht bereits als "zwielichtiger Unternehmer" bekannt. Aktuell haben seine Livestreams Millionen Zuseher. Stolpern Jugendliche auf der App über diese Videos, dann ist nicht ersichtlich, wer da vor ihnen sitzt. Und welche Geschichte dieser Mann hat. 

Von Porno bis Eso

Der ehemalige Gastronom übernahm 2003 den insolventen deutschen TV-Sender B.TV. Hornauer soll schon damals Multimillionär gewesen sein, wegen Einnahmen aus Telefon-Sex-Hotlines. Schon bei B.TV zeigte er seine Vorlieben für alles, was einer wissenschaftlichen Prüfung nicht standhalten würde, Hornauers Geldbörse aber bestimmt nicht schadete. Der Fokus des Senders lag auf Lebensberatung durch kostenpflichtige Kartenleger und Hellseherei.

2008 verlor Hornauer seine Sendelizenzen in Deutschland. Er verlegte sein Geschäft nach Österreich. Mit Streaming trickste er sich von hier aus wieder auf deutsche Bildschirme. 

Schon davor, im Jahr 2006 hatte er den österreichischen Fernsehsender "Kanal Telemedial" gegründet, den er als ersten spirituellen Sender Europas bezeichnete. Der Sender wurde in den 2000er Jahren direkt nach dem Ende des Kinderprogramms KIKA ausgestrahlt. Bis 2017 war der Sender online aktiv.

Seine Vorliebe für Esoterik hat er auch danach nicht verloren. Heute bewirbt Hornauer auf seiner Webseite sein "Paradise Valley" in Thailand, sowie sein "Lichtkristallzentrum" im deutschen Plüderhausen, westlich von Stuttgart.

Sekte und möglicher Kindesmissbrauch

Doch auch eine andere Facette seiner Vergangenheit holte ihn zuletzt wieder ein: Kürzlich machte ein Video auf TikTok die Runde, bei dem sich Hornauer sichtlich begeistert von einer jungen Frau zeigte. Wie alt sie ist, ist unklar. Im Internet kam daran reichlich Kritik auf, befeuert auch durch Vorwürfe, die es gegen Hornauers schon früh gab.

Zum Beginn seiner Karriere als Medienunternehmer wurde Hornauer mit der im Allgäu ansässigen Wankmiller-Sekte in Verbindung gebracht. Laut einem Bericht des "Spiegels", soll Hornauer mutmaßlich enge Kontakte zu der Sekte gepflegt haben. Er soll Mitglieder der Sekte in seinen Telefon-Hotlines und in der Grafik-Abteilung des Senders beschäftigt haben.

In den 2000er Jahren wurden immer wieder Vorwürfe des sexuellen Kindesmissbrauchs im selben Atemzug mit der "Lebensgemeinschaft" genannt. Der Chef der Likatier Sekte, Wolfgang Wankmiller, bezeichnete sich 2001 als ein Nachfahre Ludwig des II. - genauso wie Hornauer es heute tut. Wankmiller verstarb 2019. Laut der Bundesstelle für Sektenfragen in Österreich ist es unklar, ob die Likatier noch aktiv sind.

Lineares Vergessen

Schon Hornauers erste Schritte in der Medienbranche sorgten für Kritik, wie der "Spiegel" damals berichtete. Der "zwielichtige Unternehmer" hatte demnach fragwürdige Methoden im Umgang mit seinen Mitarbeitern. Seine Motivationsreden findet man noch heute im Internet. "Ich will Krieger, mit denen ich Millionen verdiene", schrie er.

Die Millionen soll Hornauer scheinbar wirklich ergattert haben. Mutmaßlich aber nicht nur mit sauberen Methoden: Gegen Hornauer wurde in den 2000er Jahren wegen des Verdachts auf gewerbsmäßigen Betrug in 1,5 Millionen Fällen ermittelt. Die Vorwürfe verjährten jedoch, das Verfahren wurde eingestellt.

Vom Onlineprogramm seiner ehemaligen Sender ist mittlerweile kaum etwas über. Sieht man sich alte Clips an, so offenbaren diese, worum es Hornauer wohl immer noch vorrangig geht: Ums Geld. "Energieausgleich" wollte Hornauer für seine Ratschläge, in Form von Geld, versteht sich. Im Clip "Das beste von Kanal Telemedial" beleidigt Hornauer einen Anrufer, der kein Geld geben kann. Ein Anruf kostet laut dem Insert im Video 9 Euro pro Minute. "Du bist ein echtes Opfer", sagt Hornauer.

Verbindung zu Corona-Leugnern

In Österreich war die Rundfunkbehörde KommAustria 2008 mit mehr als hundert Anfragen zu "Kanal Telemedial" beschäftigt. Die RTR stellte damals eine Verletzung des Privatrundfunkgesetzes fest, weil eine Teleshoppingsendung mit dem Berater Walter von Berg den Eindruck erweckte, dass "Behandlung mithilfe von 'Engelenergien' eine schulmedizinische Behandlung durch einen ausgebildeten Arzt ersetzen kann". Die Zulassung des Kanals erlosch 2007 wegen "Nichtausübung".

2020 fiel der Unternehmer durch seine Beziehungen zur Coronaleugner-Szene auf. Er hat laut Medienberichten dem Gründer der deutschen Querdenker Bewegung, Michael Ballweg, 5.000 Euro überwiesen, um mit ihm eine Bühne teilen zu können.

In den letzten Jahren habe es im Bereich der Esoterik eine starke Überlappung mit der Wissenschaftsskepsis gegeben, so Ulrike Schiesser, Geschäftsführerin der Bundesstelle für Sektenfragen. Es überrascht sie nicht, dass Hornauer auch in diesen Bereich Vernetzungen habe. 

Im Zeichen Walulisos

Die Psychologin glaubt nicht, dass sich die Jugendlichen auf TikTok von Hornauers Schule einlullen lassen. Die App TikTok sei eine Marketingplattform, die Extreme befördern würde. Die Rezeption von Hornauer sei aber vom Fremdschämen gezeichnet: "Alleine die Bezeichnung als König und dieses Großspurige." Schiesser sieht Hornauer wegen seiner Skurrilität als Phänomen. Bei dem "Hype" ginge es nicht um Inhalte.

Schiesser erinnert der Auftritt an das Wiener Original Walulisos, der offline sein Geld als Attraktion verdiente. Auch "Jesus Bruder Bauchi" sei ein skurriler Charakter, der sich als Guru ausgeben würde. "Wenn ich sage, ich bin der Hansi vom 10. Bezirk, ist das nicht so cool, wie wenn ich sage, 'ich bin der wiedergeborene Jesus'", so die Expertin. Langfristig glaubt sie nicht, dass Hornauer das TikTok-Publikum für sich begeistern könne. Menschen, die in der Esoterik Rückhalt suchen, würden ein offenes Ohr wollen und das könne Hornauer ihres Wissens nach nicht bieten.

Widerstand auf TikTok?

Mitunter wird der dubiose Unternehmer für seine Ansichten mittlerweile durch den Kakao gezogen: In eigenen Livestreams führen manchetanzende Jugendliche den 62-jährigen Hornauer vor. Sie fragen ihn etwa süffisant, ob er an Kristalle glaube.

Doch der Medienproduzent will wohl auch daraus Profit schlagen: Der selbst ernannte Guru droht ihnen mit Copyright-Klagen, wenn sie seine Musik unter ihre Streams legen.

Quelle: Redaktion / frn