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Mehr als 2.300 Tote bei Erdbeben in Türkei und Syrien

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Die Zahl der Toten in der Türkei und in Syrien steigt. Tausende Menschen wurden außerdem verletzt. Das Beben ereignete sich im am Montag im Süden der Türkei und im Nordosten Syriens. Aufgrund der tiefwinterlichen Temperaturen drängt die Zeit für Hilfsmaßnahmen.

Nach verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien in der Nacht auf Montag ist die Zahl der Todesopfer über 2.300 gestiegen. In der Türkei seien 1.500 Menschen ums Leben gekommen, teilte der Katastrophenschutzdienst AFAD Montagmittag mit. Mehr als 8.533 Menschen wurden verletzt. In Syrien stieg die Zahl der Toten auf über 850, in dem Bürgerkriegsland gab es durch das Beben mehr als 2.300 Verletzte. Österreich hilft vorerst mit drei Millionen Euro und 80 Soldaten.

Nachbeben

In der Nacht hatte ein Beben der Stärke 7,7 die Türkei und Syrien erschüttert, es folgten etliche Nachbeben - eines davon mit der Stärke 7,6, wie AFAD mitteilte. Beide Beben hatten ihr Epizentrum in der Provinz türkischen Kahramanmaras. Die Erschütterungen waren in mehreren regionalen Nachbarländern zu spüren, darunter im Libanon, im Irak sowie in Zypern und Israel. Idlib. Aufgrund der tiefwinterlichen Temperaturen dränge die Zeit für Hilfsmaßnahmen vor Ort und die Überlebenschancen der unter Trümmern verschütteten Menschen dürfte bei wenigen bis 48 Stunden liegen, warnte die Hilfsorganisation.

"Krankenhäuser überlastet mit Schwerverletzten"

In Syrien stürzten der staatlichen Nachrichtenagentur SANA zufolge in zahlreichen Städten Gebäude ein. Rettungsteams versuchten in der Nacht und im Morgengrauen, Menschen aus den Trümmern zu ziehen. Der Leiter des Nationalen Erdbebenzentrums Raed Ahmed sagte, dies sei das stärkste Beben in Syrien seit 1995. Präsident Bashar al-Assad rief sein Kabinett zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Videos zeigten Trümmerberge unter anderem aus der Provinz Idlib, teils kollabierten ganze Häuserreihen.

"Wir reagieren mit allem, was wir können, um diejenigen zu retten, die unter den Trümmern liegen", sagte der Leiter der Rettungsorganisation Weißhelme, Raed Al Saleh. "Die Krankenhäuser sind überlastet mit Schwerverletzten", sagte ein Sprecher der Organisation. Regen und Kälte erschwerten die Einsätze zusätzlich. "Wir brauchen dringend die Hilfe der internationalen Gemeinschaft", sagte Basel Termanini, Vorsitzender der Syrian American Medical Society (SAMS). Die Lage sei "katastrophal".

Karte des Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion am 06.02.2023

Türkei: 1.700 Gebäude eingestürzt

In der Türkei stürzten mindestens 1.700 Gebäude ein. Das Beben sei in zehn Provinzen zu spüren gewesen, sagte Vizepräsident Fuat Oktay. Unter den eingestürzten Gebäuden sei neben Wohnhäusern auch ein Krankenhaus in der Stadt Iskenderun. In der Stadt Gaziantep wurde laut staatlicher Nachrichtenagentur Anadolu auch die Burg stark beschädigt. Sie ist UNESCO-Weltkulturerbe.

66 Nachbeben

Menschen in der Türkei wurden aufgerufen, wegen der Kommunikationsengpässe online zu telefonieren und nicht über das Handy-Netz, damit vorrangig Verschüttete erreicht werden können. Die Temperaturen in den betroffenen Gebieten liegen zurzeit oft im Minusbereich. An manchen Orten schneite es stark. Im Staatssender TRT war zu sehen, wie Menschen bei Schnee in der Stadt Iskenderun aus Trümmern befreit wurden. Auch aus den Städten Gaziantep, Sanliurfa, Osmaniye, Diyarbakir und Adana wurden Bilder gezeigt, auf denen Menschen teilweise in Decken gehüllt abtransportiert wurden.

Mehrere Flughäfen in besonders von dem Erdbeben betroffen Regionen der Türkei blieben vorerst für zivile Flüge geschlossen. Dabei gehe es um die Flughäfen in Hatay, Kahramanmaras und Gaziantep, sagte Vizepräsident Oktay. Der Sender CNN Türk zeigte Bilder von einem tiefen Riss in einer Landebahn am Flughafen Hatay.

Der türkische Halbmond rief die Bevölkerung zu Blutspenden auf. Die Katastrophenschutzbehörde Afad meldete 66 Nachbeben. Bilder in Diyarbakir zeigten, wie Helfer mit bloßen Händen versuchten, Schutt abzutragen, um Verschüttete aus einem eingestürzten Gebäude zu befreien. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schrieb auf Twitter: "Wir hoffen, dass wir diese Katastrophe gemeinsam in kürzester Zeit und mit möglichst geringem Schaden überstehen."

Um 11.24 Uhr MEZ erschütterte ein schweres Nachbeben der Magnitude 7,5 die Südosttürkei. Das Epizentrum habe in der Provinz Kahramanmaras gelegen, meldete die Erdbebenwarte Kandilli in Istanbul. Auch in Syrien und im Libanon bebte die Erde dadurch wieder. Das Epizentrum lag etwa 100 km nordöstlich von jenem des Hauptbebens, das um 02.17 Uhr MEZ stattfand, teilte der Österreichische Erdbebendienst von Geosphere Austria (ehemals ZAMG) der APA mit. Die betroffene Region um Ekinözü ist weniger dicht besiedelt. Es sei aber mit weiteren schweren Schäden zu rechnen.

Nachbarländer zu Hilfe bereit

Das Zentrum für Katastrophenhilfe der EU koordiniert nach dem schweren Erdbeben die Entsendung von europäischen Rettungskräften in die Türkei. Erste Teams aus den Niederlanden und Rumänien seien bereits unterwegs, sagte der zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic. Der Slowene bestätigte zudem, dass das EU-Katastrophenschutzverfahren gestartet worden sei. Es zielt laut Kommission unter anderem darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedsländern und den anderen teilnehmenden Staaten zu stärken und die Reaktion auf Katastrophen zu verbessern.

Griechenland erklärte sich trotz der schweren Spannungen mit der Türkei bereit, Rettungsmannschaften in das Erdbebengebiet zu schicken. Auch Israel will der Türkei humanitäre Hilfe leisten. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg schrieb auf Twitter, die NATO-Partner der Türkei seien bereit, Unterstützung zu mobilisieren.

"Österreich wird den betroffenen Regionen selbstverständlich humanitäre Unterstützung leisten. Wir prüfen derzeit alle Optionen, wie wir in den betroffenen Regionen raschestmöglich effektive Hilfe leisten können, und stehen diesbezüglich auch mit unseren Partnerorganisationen in der Türkei und in Syrien in Kontakt", hieß es auf APA-Anfrage aus dem Außenministerium in Wien.

Keine Österreicher unter Opfern

Nach derzeitigen Kenntnisstand seien keine österreichischen Staatsbürger unter den Opfern. In der Türkei sind derzeit rund 2.000 Auslandsösterreicher, davon rund 120 in den von den Erdbeben betroffenen Regionen, sowie rund 70 österreichische Reisende registriert, wurde erläutert. Da der genaue Aufenthaltsort bei Reiseregistrierungen sowie bei der Registrierung als Auslandsösterreicher nicht verpflichtend anzuführen ist, könnten die Informationen jedoch abweichen. In Syrien sind rund 65 Auslandsösterreicher registriert, davon knapp 50 in den betroffenen Erdbebenregionen. Die registrierten Personen aus Österreich wurden per E-Mail sowie per SMS kontaktiert und ihnen wurde Hilfe der zuständigen österreichischen Vertretungen vor Ort angeboten, berichtete eine Sprecherin des Außenministeriums.

Auch im Libanon, der an Syrien grenzt, war das Erdbeben in der Nacht auf Montag zu spüren. In der Hauptstadt Beirut verließen Bewohner teils fluchtartig ihre Häuser. Zu spüren war das Beben auch in Israel. Nach Angaben der israelischen Polizei gab es aber keine Verletzten oder Schäden. In Italien gab der Zivilschutz noch in der Nacht auf Montag eine Tsunami-Warnung aus, die wenige Stunden später zurückgenommen wurde.

Risiko-Region für Erdbeben

Die Türkei ist immer wieder von schweren Erdbeben betroffen. Dort grenzen zwei der größten Kontinentalplatten aneinander: die afrikanische und die eurasische. Der größte Teil der türkischen Bevölkerung lebt faktisch in ständiger Erdbebengefahr. Im Jahr 1999 war die Türkei von einer der schwersten Naturkatastrophen in ihrer Geschichte getroffen worden: Ein Beben der Stärke 7,4 in der Region um die nordwestliche Industriestadt Izmit kostete mehr als 17.000 Menschen das Leben. Für die größte türkische Stadt Istanbul erwarten Experten in naher Zukunft ebenfalls ein starkes Beben.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Zahl der Toten stieg auf rund 1.500 in der Türkei und in Syrien an.
  • Alleine in der Türkei sind mindestens 912 Menschen gestorben. Tausende Menschen wurden verletzt.
  • Das Beben ereignete sich im am Montag im Süden der Türkei und im Nordosten Syriens.
  • Ein weiteres heftiges Beben wurde Montagmittag mit der stärke 7,5 in der Südtürkei gemeldet.

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