APA/HANS PUNZ

Ein Jahr Haft für Kontaktmann von Wien-Attentäter

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Im Wiener Landesgericht für Strafsachen wurde ein Kontaktmann des Wien-Attentäters zu einer Haftstrafe von zwölf Monaten verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der Angeklagte wurde für alle Vorwürfe, die nach 2015 stattgefunden haben wegen mangelnder Beweise freigesprochen. Wegen eines Postings aus dem Jahre 2015, das unter die Verbreitung der IS-Propaganda fällt wurde der 26-Jährige zu einer Haftstrafe von zwölf Monaten  - davon drei bedingt - verurteilt. Der Angeklagte hat Nichtigkeit gegen das Urteil angemeldet. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Zu Prozessbeginnt bekennt sich der 26-jährigen Tschetschene "nicht schuldig". Er sei zwar ein gläubiger Muslim, hätte aber nach eigener Angabe nichts mit dem IS zu tun.

Die Bilder, die auf seinem Handy gefunden wurden, seien aus verschiedenen Telegram- und WhatsApp-Gruppen, erklärt der Angeklagte vor Gericht. Wie der Anwalt des Angeklagten Sinan Dikme angibt, seien von den durchsuchten 81.810 Daten vor allem fünf Bilder relevant. Im Prozess gibt der russische Staatsbürger an, sich schwer an "diese Sachen erinnern" zu können. Unter den Bildern soll laut Staatsanwaltschaft u.a. ein Fotos von einer Massenerschießung von Moslems durch britische Soldaten aus dem Jahr 1914 sein: "Ich hab' nicht verstanden, was da den IS verharmlosen soll", rechtfertigt sich der bislang unbescholtene Tschetschene vor Gericht. 

Attentat nicht im Fokus

Der Angeklagte gibt zu, den späteren Wien Attentäter gekannt zu haben: "Ich hab' ihn nicht sehr gut gekannt. Er hat nicht sehr viel geredet". Vom Attentat selbst hätte er nichts gewusst und auch nichts mitbekommen. Eine direkte Beteiligung am Terror-Anschlag im vergangenen Herbst ist ihm - derzeit - nicht nachzuweisen. Das Attentat ist daher nicht im Fokus der Verhandlung stehen.

Laut Anklage soll er zum "inneren Kreis" dieser Gruppe angehört haben, die sonntags zu einer Art Religionsunterricht zusammengekommen ist . Er besitzt einen von drei Schlüsseln zur Wohnung in St. Pölten, die eine Bibliothek mit radikalem Schriftgut enthält. Man habe in der Wohnung - sie wurde vom "Alpha-Tier" von St. Pölten gemietet -  u.a. nur gemeinsam Arabisch gelernt und gebetet, so die Aussage des 26-Jährigen. Auch aus den Zeugenbefragungen ging hervor, dass bei den Treffen in der Wohnung der IS kein Thema gewesen sein soll. 

Vorwürfe für Angeklagten-Anwalt nicht nachvollziehbar

Für den Angeklagten und seinen Rechtsbeistand sind die Vorwürfe nicht nachvollziehbar. Er sei zwar gläubig, bete fünf Mal am Tag, faste im Ramadan, lehne aber den IS ab: "Das sind Terroristen, ganz klar." Auf Vorhalt, dass er in Wien eine Moschee besucht hatte, in der eine radikale Auslegung seines Glaubens gepredigt wurde, erwiderte der 26-Jährige: "Die haben auf Arabisch oder Bosnisch gepredigt. Ich habe kein Wort verstanden."

Rechtsvertreter Dekme: "Nachrichten haben keinen Bezug zum IS"

Der Anwalt des Angeklagten Sinan Dikme ist davon überzeugt, dass sein Mandant freigesprochen wird.

Zur Wohnung ergänzt Rechtsvertreter Dekme:"In diese Wohnung sind ein Haufen Menschen gegangen". Von dort gehaltenen Vorträgen gebe es Audio-Aufnahmen: "Die reden nicht vom IS." Eine Verbindung seines Mandanten zum Attentäter "besteht nicht".

Wien-Attentäter soll an Treffen teilgenommen haben

Im Zuge der Ermittlungen zum Attentat sei man laut der Staatsanwältin auf den Tschetschenen "aufmerksam geworden", der 2008 nach Österreich gekommen war, die Schule und eine Lehre abgeschlossen hatte und zuletzt als Karosserie- und Bautechniker arbeitete.

Der 26-Jährige war am 3. November festgenommen worden. Bei einer Hausdurchsuchung wurden Handys und Datenträger sichergestellt, die Auswertung habe ergeben, dass er in einschlägigen Chat-Gruppen Propagandamaterial des IS geteilt hatte, "um andere für dieses Weltbild begeistern zu wollen", hält die Anklägerin fest. Er habe sich weiters "an Zusammenkünften anderer Dschihadisten beteiligt" und dabei auch den späteren Attentäter getroffen.

Der Anklage zufolge soll sich der 26-Jährige im Sommer 2019 einer salafistisch-dschihadistischen Gruppierung angeschlossen haben, deren regelmäßige Treffen in einer Wohnung in St. Pölten stattfanden. An zwei dieser Treffen - konkret am 27. September und am 25. Oktober - nahm neben dem Angeklagtem nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes auch der spätere Attentäter von Wien teil, wobei er dabei offen einen IS-Ring getragen und präsentiert haben soll. 

ribbon Zusammenfassung
  • Im Wiener Landesgericht für Strafsachen startet der Prozess gegen einen Kontaktmann des Wien-Attentäters.
  • Der Angeklagte wurde für alle Vorwürfe, die nach 2015 stattgefunden haben wegen mangelnder Beweise freigesprochen.
  • Wegen eines Postings aus dem Jahre 2015, das unter die Verbreitung der IS-Propaganda fällt wurde der 26-Jährige zu einer Haftstrafe von zwölf Monaten  - davon drei bedingt - verurteilt.
  • Der Angeklagte hat Nichtigkeit gegen das Urteil angemeldet. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
  • Zu Prozessbeginnt bekennt sich der 26-jährigen Tschetschene "nicht schuldig". Er sei zwar ein gläubiger Muslim, hätte aber nach eigener Angabe nichts mit dem IS zu tun.
  • Er gibt zu, den späteren Wien Attentäter gekannt zu haben: "Ich hab' ihn nicht sehr gut gekannt. Er hat nicht sehr viel geredet". 

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